Die Schrägen, die Schründe

Blatt für Walter Jupé

  • hds
  • Lesedauer: 2 Min.

Der gespenstische Anschein hatte etwas Zartes. Der Hinterhalt fühlte sich wohl in dieser Haut, die ihre Blässe wie ein kostbares Tuch trug. Walter Jupé war der Fritz Rasp des Adlershofer Fernsehens und der DEFA. Im Halbschattenwurf fühlte er sich heimisch. Die Stimme ein bohrendes Flüstern oder ein anherrschendes Quäken oder ein Fieseln - in die Höhe getrieben, wo das Lüftchen nicht weht, sondern sirrt. Und wenn diese Stimme sich senkte, dann ging der gesamte Körper ins gefährliche, betriebsame Lauern über (»Ware für Katalonien«, »Das Kaninchen bin ich«, »Dr. Schlüter«, »Spur der Steine«, »Hans Beimler - Kamerad«, »Die Gerechten von Kummerow«).

Von 1952 an war er dreißig Jahre auch ensembleprägender Spieler am Berliner Maxim Gorki Theater. Spillrig, streng, spukbeseelt. Im »Fernsehpitaval«, einer erfolgreichen DDR-Serie mit historischen Kriminalfällen, brillierte Jupé nicht nur als Hauptdarsteller, sondern auch, gemeinsam mit dem Anwalt Friedrich Karl Kaul, als Autor - von über vierzig Episoden. Der Hagere mit der hohen Stirn und dem linealstraff über den Kopf gezogenen Haar beherrschte in seiner Darstellung die Schrägen und Schründe deutschen Militärs, deutscher Bürokratie, deutschen Biedersinns. So kalt wie komisch. So aasig wie arrogant. So barsch wie buckelnd. Heute vor hundert Jahren wurde Walter Jupé, der 1985 starb, in Berlin geboren. hds

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal