Umweltschützer stoppen Uranzug in Niedersachsen

Polizei kann Blockade erst nach vier Stunden beenden - Zug transportiert Uranerz vom Hamburger Hafen zu Atomfabrik in Südfrankreich

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach Angaben der Umweltschutzorganisation Robin Wood hatte der blockierte Zug Uranerzkonzentrat geladen, das in Namibia abgebaut worden war - am Ende sollen Brennelemente für AKWs daraus hergestellt werden.

Umweltschützer haben in der Nacht zu Freitag im niedersächsischen Kreis Harburg einen mit Uranerz beladenen Güterzug auf der Fahrt vom Hamburger Hafen zu einer Atomfabrik in Südfrankreich blockiert. Am Bahnhof der Stadt Buchholz seilten sich zwei Aktivistinnen von einer Fußgängerbrücke ab und spannten über dem Gleis ein Transparent mit der Aufschrift »Urantransporte stoppen! Sofort!«. Rund 20 weitere Aktivisten unterstützten die Aktion von der Brücke aus.

Nach Angaben der Bundespolizei hatte die Besatzung eines den Transport begleitenden Polizeihubschraubers die Blockade gegen Mitternacht bemerkt. Der Zug kam rund anderthalb Kilometer vor dem Bahnhof zum Stehen. Es dauerte mehr als drei Stunden, bis Polizisten die beiden Frauen – unter ihnen die als »Eichhörnchen« bekannte Umwelt- und Kletteraktivistin Cécile Lecomte - mit Hilfe von Höhenrettungsexperten der Hamburger Feuerwehr abgeseilt und in Gewahrsam genommen hatten. Zeitgleich räumten Beamte die von den Demonstranten besetzte Brücke. Erst gegen vier Uhr morgens konnte der Zug seine Fahrt fortsetzen.

Der Polizei zufolge bestand für die beiden Aktivistinnen wegen der unter Hochspannung stehenden Oberleitungen bei ihrem Protest höchste Lebensgefahr. Die Beamten nahmen Ermittlungen wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr auf. Die Frauen wurden nach der Durchfahrt des Güterzugs wieder entlassen. Die Bahnstrecke Hamburg-Bremen blieb während des Polizeieinsatzes in beiden Richtungen gesperrt. Mindestens 13 Züge sollen in der Folge verspätet gewesen sein.

Nach Angaben der Umweltschutzorganisation Robin Wood hatte der blockierte Zug Uranerzkonzentrat geladen, das in Namibia abgebaut worden war. Das wegen seiner Farbe so genannte »Yellow Cake« wurde demnach am 5. April im Hamburger Hafen von einem Schiff auf Güterwaggons umgeladen. Es soll weiter in die südfranzösische Atomfabrik Narbonne transportiert werden. Dort wird es aufbereitet und anschließend in eine der der drei westeuropäischen Urananreicherungsanlage in Großbritannien, den Niederlanden oder Deutschland weitertransportiert. Erst nach der Anreicherung werden aus dem Uran Brennelemente produziert, die dann in Atomkraftwerken zum Einsatz kommen.

»Wer Atomkraftwerke betreibt, ist für die ganze Brennstoffkette mitverantwortlich, vom Abbau des Urans bis zum ewig strahlenden Müll«, sagte der Energiereferent von Robin Wood, Philip Bedall. Auch die Hamburger Hafenbetriebe seien ein Glied in dieser Versorgungskette. Alleine im vergangenen Jahr seien 160 Atomtransporte über den Hamburger Hafen abgewickelt worden. Die rot-grüne Koalition in Hamburg schiebe dem gefährlichen Atomtransport-Geschäft bisher keinen Riegel vor, bemängelt die Umweltorganisation. Noch nicht einmal das »laue Versprechen« im Koalitionsvertrag, auf einen freiwilligen Verzicht der Hafenwirtschaft auf Nukleartransporte hinzuwirken, packe der Senat an.

Im Mai 2013 war der Hamburger Hafen nur knapp an einer Atomkatastrophe vorbei geschrammt. Nach einem Großbrand auf dem auch mit radioaktiven Stoffen beladenen Containerschiff »Alantic Cartier« konnten Feuerwehrleute die gefährliche Fracht erst im letzten Moment von Bord schaffen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal