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Gorleben könnte kippen

Einen Endlager-Bau im Wendland sieht man auch in der Endlagerkommission skeptisch

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Arbeitsgruppenpapier aus der Endlagerkommission empfiehlt den Verzicht auf ein Endlager im Wendland - und wird noch am selben Tag wieder etwas relativiert.

Es ist noch längst keine Entscheidung gegen ein Endlager in Gorleben, aber ein bedeutsamer Fingerzeig: Erstmals hat sich eine Arbeitsgruppe der Endlagerkommission des Bundestages in der Gretchenfrage der Atommülldebatte positioniert und den Bau einer Lagerstätte für hochradioaktive Abfälle im Gorlebener Salzstock in Zweifel gezogen. Die Arbeitsgruppe »Grundlagen und Leitbild« der Kommission diskutierte am Montag über eine Vorlage, die den bisherigen Umgang mit Gorleben äußerst kritisch sieht. Die im Entwurf enthaltene Schlussfolgerung, dass der Bau eines Endlagers in Gorleben deshalb »politisch nicht durchsetzbar« sei, war aber nicht konsensfähig und wurde gestrichen. Einige andere Formulierungen in dem 15-Seiten-Papier seien »in Klammern gesetzt« worden, sagte Kommissionssprecher Jürgen Voges auf nd-Anfrage.

Die Arbeitsgruppe will im Mai abschließend über das Papier beraten. Es könnte dann in den Abschlussbericht der Kommission einfließen, der bis Ende Juni vorliegen soll. Die Kommission hat zwar nicht die Aufgabe, eine mögliche Eignung von Gorleben als Endlagerstandort zu beurteilen. Sie soll aber Stellung nehmen »zu bisher getroffenen Entscheidungen und Festlegungen in der Endlagerfrage«. Das hat die AG »Grundlagen und Leitbild« jetzt getan.

Der Salzstock im Wendland wurde seit Ende der 1970er Jahre auf seine Eignung als mögliches Endlager untersucht. Mit der Verabschiedung des Standortauswahlgesetzes - besser bekannt als Endlagersuchgesetz - im Sommer 2013 war die bergmännische Erkundung beendet und festgelegt worden, dass der Salzstock wie jeder andere Standort in Deutschland in ein neues Suchverfahren einbezogen wird.

Die Erkundung des Salzstocks Gorleben, bei der klare Eignungskriterien, eine formelle Bürgerbeteiligung und ein heutigen Anforderungen entsprechender Standortvergleich fehlten, habe in der betroffenen Region auf Dauer Vertrauen zerstört, heißt es in dem Papier der Arbeitsgruppe. Konkret bemängelt wird etwa, dass sich die Standortsuche auf das Bundesland Niedersachsen beschränkte. Der damals vorherrschenden Auffassung folgend, seien auch nur Salz als in Frage kommendes Gestein und damit nur Salzstöcke als Standorte in Betracht gezogen worden - inzwischen gelten auch Granit und Ton als mögliche Wirtsgesteine für den Atommüll. Zudem habe die niedersächsische Landesregierung den Standortvorschlag seinerzeit »vertraulich in Kabinettssitzungen« vorbereitet. »Zur Vorbereitung erstellte Unterlagen hielt sie lange unter Verschluss und veröffentlichte sie erst nach Jahrzehnten«, heißt es weiter: »Der Mangel an Transparenz leistete Spekulationen über Motive und Grundlagen der vorläufigen Benennung Vorschub.«

Einen Ausdruck der fehlenden Akzeptanz des möglichen Standortes Gorleben sieht das Papier auch in den bisher 13 Castor-Transporten ins Wendland. Zu ihrem Schutz habe das Land Niedersachsen in der Region insgesamt 154 000 Polizisten eingesetzt. Die Kosten dafür hätten 352 Millionen Euro betragen, die regulären Gehälter und die Einsatzkosten der Bundespolizei seien da noch nicht einmal eingerechnet. Die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg begrüßte die Kritik an Gorleben. Leider fehle in dem Papier aber der Hinweis, dass es aussichtslos scheine, wegen der bestehenden Fronten in der geologischen Beurteilung Gorlebens eine Einigung zu erzielen. Die BI empfehle die Aufgabe Gorlebens, »um endlich unbelastet von der Tricksereien und Lügen der Vergangenheit die Debatte um einen verantwortbaren Umgang mit dem Atommüll führen zu können.«

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