Ritual ohne Konsequenzen
Silvia Ottow über die neueste Behandlungsfehlerstatistik der Krankenkassen
Jedes Jahr wird die Öffentlichkeit in zwei Statistiken über Behandlungsfehler im Gesundheitssystem informiert. Vor Monaten gaben die Ärzte ihre Zahlen bekannt, jetzt taten es die Krankenkassen. Niemand dürfte allerdings ernsthaft glauben, dass es lediglich bei zusammengerechnet rund 6200 Patienten zu Komplikationen kam, die auf Fehler zurückzuführen sind. Das wäre bei rund 650 000 Millionen Behandlungsfällen in Kliniken, Arzt- und Zahnarztpraxen geradezu lächerlich und entspricht mit Sicherheit nicht den Tatsachen. Es vernebelt eher den Blick darauf.
Aber es sieht ganz so aus, als wäre das der Sinn dieses jährlich wiederkehrenden Rituals. Auf der einen Seite wird so getan, als wäre Aufklärung angesagt, auf der anderen Seite ist man zufrieden, dass die Zahlensammlung ohne Konsequenzen bleibt. Nach wie vor müssen Patienten, die Behandlungsfehler beanstanden wollen, in der Regel die Beweise dafür erbringen, sie müssen einen langen Atem haben und einen unendlichen Papierkrieg bewältigen. Die wenigsten haben die Kraft für dieses Prozedere. Wenn sich in Krankenhäusern und allen anderen medizinischen Einrichtungen die Erkenntnis durchsetzte, dass ein transparentes Fehlersystem auch für Ärzte vorteilhaft ist, weil es die Zahl der Fehler verringert, wäre allen geholfen. Doch davon scheint man weit entfernt zu sein.
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