Umstrittene Schuldenbremse für Griechenland

Gläubiger fordern Ausgabenkürzung bei Nichterfüllung der Sparvorgaben / Proteste in Athen

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Griechenland muss über weitere Kürzungsmaßnahmen abstimmen. Eine automatische Schuldenbremse ist hoch umstritten. Bundesfinanzminister Schäuble bekräftigte den Plan.

Athen. Am späten Sonntagabend sollte das griechische Parlament über ein weiteres milliardenschweres Sparpaket abstimmen. Das pleitebedrohte Land muss Kürzungsmaßnahmen von insgesamt 5,4 Milliarden Euro umsetzen, damit es mit weiteren Krediten seiner internationalen Gläubiger rechnen kann.

Das neue Sparpaket im Umfang von 1,8 Milliarden Euro greift mit Steuererhöhungen und neuen Abgaben spürbar in den Alltag der Menschen ein. So soll die Mehrwertsteuer für viele Lebensmittel und Getränke von 23 auf 24 Prozent steigen; Benzin, Diesel und Heizöl werden ebenso teurer wie Strom, Zigaretten und Alkohol. Auch die Touristen werden zur Kasse gebeten, durch eine Übernachtungspauschale für Hotels und teurere Museumstickets.

Besonders umstritten ist bei der Parlamentsdebatte jedoch eine geplante »automatische Schuldenbremse«. Diese soll eingreifen, falls Griechenland die geforderten Sparziele nicht erfüllt. Ist das der Fall, sollen querbeet Staatsausgaben zusammengestrichen sowie Gehälter und Renten gesenkt werden. Die Opposition bezeichnete die Maßnahme als verfassungswidrig.

Die Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras hat im Parlament nur eine knappe Mehrheit. Beobachter rechnen aber mit einem Erfolg des jungen Regierungschefs. Im Juli muss Griechenland hohe Darlehen an die Europäische Zentralbank (EZB) und den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen.

Gewerkschaften haben als Reaktion zu Demonstrationen im Athener Stadtzentrum aufgerufen. Gleichzeitig nimmt der gegen die Regierungsmaßnahmen gerichtete der Streik von Rechtsanwälten und Notaren ungeahnte Ausmaße an. Einem Bericht der Athener Tageszeitung »Kathimerini« zufolge ist die Zahl unbearbeiteter Verfahren mittlerweile auf rund 300 000 angestiegen.

Um diese Fälle zu erledigen, seien bis zu zehn Jahre notwendig, zitierte die Zeitung den Athener Richter Spyros Georgouleas. Die griechischen Juristen befinden sich bereits im fünften Monat im Ausstand. Sie fühlen sich von den Sparmaßnahmen besonders betroffen. Nach Angaben des Dachverbandes griechischer Rechtsanwälte erhöhen sich die Renten- und Krankenkassenbeiträge aller Freiberufler um 223 Prozent.

Die Lage Griechenlands war ebenfalls ein Thema beim Treffen der G7-Länder in Japan. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble rechnete dort fest mit einer Einigung der Geldgeber über die Freigabe weiterer Kredite. »Wir kriegen das hin, wir sind auf gutem Weg«, sagte der Politiker.

Die G7-Gruppe hat auf dem zweitägigen Treffen in der Stadt Sendai einem von Japan gewünschten gemeinsamen Konjunkturpaket eine Absage erteilt. Alle seien sich einig, dass es zur Ankurbelung der Weltwirtschaft auf die drei Elemente Strukturreformen sowie Finanz- und Geldpolitik ankomme, erklärte Finanzminister Schäuble im Anschluss. nd/Agenturen

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