Gorbatschows Logik

Klaus Joachim Herrmann über die Krim und Volkes Willen

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 1 Min.
Der letzte Sowjetpräsident Gorbatschow macht sich nicht nur bei den neuen Herren der Ukraine höchst unbeliebt. Der »Sunday Times« vertraute er an, dass er in der Krim-Frage wie Präsident Putin gehandelt haben würde.

Der letzte Sowjetpräsident Gorbatschow macht sich nicht nur bei den neuen Herren der Ukraine höchst unbeliebt. Der britischen »Sunday Times« vertraute er an, dass er in der Krim-Frage wie Präsident Putin gehandelt haben würde, wenn er denn in eine ähnliche Situation geraten wäre. Aus Kiew kam prompt der wütende Ruf nach einem Einreiseverbot gleich für Europa. Dem Westen, der bevorzugt auf die durchaus umstrittene Übernahme der Schwarzmeerhalbinsel seine Politik gegen Russland und die Fortsetzung der Ausweitung des NATO-Bündnisses an dessen Grenzen gründet, dürfte vor allem das Argument übel aufstoßen.

Denn der stets als Übervater der deutschen Vereinigung gepriesene Michael Sergejewitsch verweist wie einst auf den Willen der Bevölkerung: »Ich bin immer für eine freie Selbstbestimmung des Volkes, und auf der Krim war die Mehrheit für eine Wiedervereinigung mit Russland.« Bei 96,77 Prozent Ja-Stimmen im März-Referendum von 2014 dürfte ihm in diesem Punkt schwer zu widersprechen sein.

Gorbatschow ist sich als eine Art Vollstrecker der Geschichte treu geblieben. Die Ukraine und der Westen nahmen Souveränität und Einheit gerne hin. Jene Logik jedoch, die dazu führte, wollen sie nicht mehr gelten lassen - sie liegt nicht im eigenen Interesse.

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