Mehr Einbrüche, weniger Morde

Die Zahl der angezeigten Straftaten ist 2015 kräftig angestiegen - viele davon sind allerdings fluchtspezifisch

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
In Deutschland wurden 2015 etwa 6,3 Millionen Straftaten registriert. 2014 waren es rund 5,9 Millionen gewesen. Die Differenz erklärt sich im Wesentlichen durch die Fluchtbewegungen des Jahres 2015.

Es ist ein Ritual: Wird die Kriminalitätsstatistik veröffentlicht, setzt hinterher eine Routine von Stellungnahmen ein, die meistens neue Kompetenzen für Polizei und Ermittler fordern und sich oft in düsteren Gegenwartsdiagnosen ergehen.

So war es auch dieses Mal. Die Statistik über 2015 verübte Straftaten »zeigt Defizite in unserer Gesellschaft auf«, erklärte Innenminister Thomas de Maizière nach dem Termin in Berlin; der Unions-Innenexperte Stephan Mayer (CSU) forderte gegenüber der »Passauer Neuen Presse«, es müsse erlaubt werden, auch bei Ermittlungen wegen Wohnungseinbrüchen eine Telefonüberwachung anzuordnen. Die deutsche Polizeigewerkschaft fordert eine intensivere grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden gegen Einbrecherbanden, der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) spricht diesbezüglich von einem politischen Versagen.

Tatsächlich ist nach den vom Bundesinnenministerium und dem turnusgemäßen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, dem Saarbrücker Ressortchef Klaus Bouillon (CDU), herausgegebenen Jahresbericht über die angezeigten Straftaten die Zahl der Einbrüche stark angestiegen. Dem Bericht zufolge gab es im vergangenen Jahr bundesweit 167 136 Fälle, zehn Prozent mehr als 2014.

Damit wird wieder die Dimension der späten 1990er Jahre erreicht - also der Zeit vor der Öffnung der Grenzen zu den östlichen EU-Staaten. Seit etwa 2000 hatte die Zahl der Einbruchsdiebstähle zunächst jahrelang abgenommen, erst seit 2008 wächst sie wieder. Weiterhin werden nur wenige Einbrüche aufgeklärt - den Zahlen zufolge 14,1 Prozent. Die durchschnittliche Aufklärungsquote liegt bei deutlich mehr als 50 Prozent.

Insgesamt wurden laut Statistik 2015 in der Bundesrepublik rund 6,3 Millionen Gesetzesverstöße angezeigt. Das sind gut als vier Prozent mehr als im Jahr zuvor. Ein erheblicher Teil dieses Zuwachses bezieht sich allerdings auf Verstöße gegen das Ausländerrecht zurück - wie etwa die illegale Einreise nach Deutschland oder die Residenzpflicht für Flüchtlinge. Die Polizei registrierte 2015 mehr als 400 000 sogenannte ausländerrechtliche Verstöße. So erklört sich zumindest in Teilen auch das sprunghafte Ansteigen von Tatverdächtigen ohne deutsche Staatsangehörigkeit um etwa 50 Prozent auf mehr als 900 000 in einer recht harmlosen Weise.

Würden solche Gesetzesübertretungen, die kaum als Gefährdung der Bevölkerung bezeichnet werden können, aus der Statistik herausgerechnet, stagnierte die Zahl der angezeigten Straftaten im Vorjahr bei etwas mehr als 5,9 Millionen. Insofern fordert Ulla Jelpke, Innenexpertin der LINKEN im Bundestag, eine »Entkriminalisierung der Einreise von Asylsuchenden sowie die Aufhebung der Residenzpflicht«. So, erklärt sie, »würden Flüchtlingsrechte gestärkt und die Polizei entlastet«.

Auch die Zahl der angezeigten Taschen- und Ladendiebstähle ist im Vergleich zum Vorjahr um jeweils etwa sieben Prozent angewachsen. Einen deutlichen Rückgang gab es dagegen beim Sozialleistungsbetrug.

Weiterhin rückläufig ist auch die Zahl der Kapitalverbrechen: 2015 gab es in der Bundesrepublik 2116 Tötungsdelikte, im Jahre 2014 waren es noch 2179 gewesen. Zurückgegangen ist nach den Angaben auch die Anzahl von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, darunter Vergewaltigung und Missbrauch von Kindern. Mit Agenturen

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal