Bundespräsident hört 2017 auf
Joachim Gauck verzichtet aus Altersgründen auf eine zweite Amtszeit / LINKE und SPD befürworten rot-rot-grünen Bewerber / Merkel und Gabriel mahnen zur Ruhe in Entscheidung über Nachfolge
Update 15.00 Uhr: Merkel und Gabriel gegen hektische Entscheidung über Gauck-Nachfolge
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will zurzeit nicht über die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck spekulieren. Diese Entscheidung werde in aller Ruhe getroffen, betonte Merkel am Montag bei einem Festakt zum 30-jährigen Bestehen des Bundesumweltministeriums. »Wir haben ja zwei Landtagswahlen auch noch zu bestehen«, fügte sie hinzu.
Merkel sagte über Gauck: »Erstens hätte ich mir eine zweite Amtszeit gewünscht, zweitens respektiere ich selbstverständlich die Entscheidung des Bundespräsidenten.« Die Parteivorsitzenden müssten über die Nachfolgefrage demnächst »sicherlich intensiv miteinander reden«.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, Gauck sei »ein toller Bundespräsident«. Deshalb bedauere er, dass Gauck nicht für eine zweite Amtszeit zur Verfügung stehe. Es sei falsch, jetzt sofort in laute Spekulationen über seine Nachfolge zu verfallen.
Update 12.00 Uhr: Bundespräsident Joachim Gauck hört 2017 auf
Joachim Gauck zieht sich 2017 von der Staatsspitze zurück. Der 76-Jährige erklärte am Montag im Schloss Bellevue: »Ich möchte für eine erneute Zeitspanne von fünf Jahren nicht eine Energie und Vitalität voraussetzen, für die ich nicht garantieren kann.« Damit spielte er indirekt auf seinen Alterszustand an. Jedoch betonte Gauck, es bestehe kein Grund zur Sorge, da ein solcher Wechsel normaler Bestandteil einer Demokratie sei. Er werde bis zum Ende seiner Amtszeit das Amt mit Hingabe und Freude erfüllen.
Er sei zugleich »von Herzen dankbar« für die zahlreichen Worte der Ermutigung, auch über den kommenden März hinaus weiter im Amt zu bleiben. Gauck betonte: »Unser Land hat engagierte Bürger, und es hat funktionierende Institutionen. Der Wechsel im Amt des Bundespräsidenten ist in diesem Deutschland daher kein Grund zur Sorge. Er ist vielmehr demokratische Normalität - auch in fordernden, auch in schwierigen Zeiten.«
Nun stellt sich die Frage, wer die Nachfolge Gaucks antritt. Bislang gibt es noch keinen direkten Bewerber.
Gauck kündigt für 12.00 Uhr Erklärung an
Berlin. Bundespräsident Joachim Gauck gibt um 12.00 Uhr im Schloss Bellevue eine Erklärung ab. Das teilte das Präsidialamt am Montag mit. Der 76-Jährige wird sich voraussichtlich dazu äußern, ob er 2017 für eine zweite Amtszeit zur Verfügung steht oder nicht.
Zuletzt hatte die »Bild«-Zeitung berichtet, Gauck habe sich nach langem Abwägen entschieden, nicht mehr anzutreten. Gründe für einen Verzicht seien sein Alter und gesundheitliche Beschwerden. Der Bericht blieb ohne Bestätigung, heizte aber bereits die Debatte über einen möglichen Nachfolger an.
Genannt wurden dabei unter anderem Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). »Der Spiegel« berichtete am Wochenende, aus taktischen Gründen könnten CDU und CSU kurz vor der Bundestagswahl keinen gemeinsamen Kandidaten mit SPD oder Grünen präsentieren. Aus der LINKEN und der SPD wurden Stimmen laut, die einen gemeinsamen rot-rot-grünen Bewerber forderten. Die LINKE erklärte hierzu in einem Statement, »eine Person, die soziale Gerechtigkeit, Weltoffenheit und Frieden gelaubhaft verkörpert« unterstützen zu wollen.
Gauck selbst hatte die Entscheidung über seine Zukunft bis zum Frühsommer angekündigt. Union, SPD und Grüne befürworteten eine zweite Amtszeit; auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich für eine Wiederwahl Gaucks aus. Zuletzt meinten auch 70 Prozent der Bundesbürger in einer Umfrage, Gauck solle weitermachen.
Die Bundesversammlung, die das Staatsoberhaupt wählt, tritt am 12. Februar 2017 zusammen. Gauck hatte seine erste Amtszeit im März 2012 begonnen. Er war Nachfolger von Christian Wulff, der nach nur 20 Monaten im Amt wegen Ermittlungen im Zusammenhang mit einem Hauskredit zurückgetreten war.
2010 war Gauck als Kandidat von Rot-Grün bei der Wahl des Bundespräsidenten noch gegen Wulff unterlegen. 2012 unterstützten nach einigem Zögern auch Merkel und die Union den parteilosen Ex-Pastor aus Rostock.
Ob er für eine zweite Amtszeit antritt, hatte Gauck lange offengelassen. Auf einer China-Reise im März sagte er, es sei ein schönes Gefühl zu spüren, dass viele Menschen sich eine Fortsetzung seiner Arbeit wünschten. »Dabei muss man aber auch seine eigenen physischen und psychischen Kräfte bedenken«, sagte er.
Bis zuletzt war darüber spekuliert worden, ob er wegen der Auswirkungen der Flüchtlingskrise und angesichts des Erstarkens der rechtspopulistischen AfD aus einem Bewusstsein der Verantwortung heraus noch einmal antreten würde. Er betonte aber auch, dass sich Deutschland trotz aller Herausforderungen nicht in einer Staatskrise befinde. »Das Staatsschiff ist nicht im Orkan, aber es gibt Wellen«, sagte er im Mai beim Katholikentag in Leipzig.
Gauck war in der Endphase der DDR 1989 als Unterstützer der Bürgerrechtsbewegung bekannt geworden. Nach der Wende wurde er als Kandidat für das Bündnis 90 in die letzte DDR-Volkskammer gewählt. Von 1991 bis 2000 war er Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen.
Ein Schwerpunkt seiner ersten Amtszeit war das Bemühen, Deutschlands Rolle in der Welt neu zu definieren und eine stärkere Führungsrolle einzufordern. Auch militärisches Engagement dürfe nicht mit dem Hinweis auf die nationalsozialistische Vergangenheit ausgeschlossen werden, meinte er 2014 auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Auch die Flüchtlingskrise machte er zu seinem Thema. »Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich«, betonte er. Agenturen/nd
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