Berliner Solarsysteme für Ostafrika

Das deutsche Unternehmen Mobisol ist seit fünf Jahren mit großem Erfolg in Tansania und Ruanda aktiv

  • Catrin Kabus Sondergaard, 
Arusha
  • Lesedauer: 5 Min.
Ostafrikas größter Anbieter für Solarenergie-Lösungen heißt Mobisol. Das junge Unternehmen aus Berlin hat bisher 35 000 Haushalte und Firmen in Tansania und in Ruanda mit Solarsystemen ausgestattet.

»Maisha ni Bora Zaidi« – das Leben ist besser, und zwar mit Solarenergie. Das verspricht Mobisol den zukünftigen Kunden auf ihrem neuesten Werbeflyer. Ausgezeichnetes Solar, besseres Leben steht unter dem Firmennamen. Wer sind die Macher in der Mobisol GmbH und wie kamen die Berliner nach Ostafrika?
Alles hat ein bisschen verrückt und chaotisch begonnen und das vor fünf Jahren. Thomas Gottschalk, Ingenieur für erneuerbare Energie und Gründer der Firma, baut mit am Solar-Taxi, das als Solarlobbyist einmal um die Welt fuhr, sammelte dabei erste Erfahrungen und schaffte sich sein Netzwerk, darunter Studenten und junge Forscher von der TU Berlin. Dort wurde der Prototyp für eine Kleinstsolaranlage zusammengeschweißt.

2011 traf er auf der von der Weltbank organisierten Lightning Africa Conference einen anderen Enthusiasten und Technologie-Aktivisten. Livinus Manyanga aus Arusha in Tansania. Er leitet dort Kakute, eine Firma zur Verbreitung neuer Technologien. Sie wurden Partner und Büronachbarn im Stadtteil Njiro, Arusha. Aus Werkstätten ringsherum hallt heute produktiver Lärm.

Ein Anfang wurde mit zwei Pilotprojekten in Tansania und Kenia gemacht, jeweils 100 Solarenergie-Systeme installiert. Sie wollten herausfinden, wie ihr Produkt für den hiesigen Markt zu designen ist. Das Geld dafür kommt aus staatlichen Entwicklungsfonds in Deutschland. Anschließend wurden alle Projektetappen gründlich analysiert. Bei der Abschlussveranstaltung für diese erste Pilot und Lernphase im Juni 2012 überreichte der Bürgermeister von Arusha Gaudence Lyimo eine Liste mit 1500 Namen – Kunden, die sich nichts sehnlicher wünschten als eine Solaranlage. Eile war angesagt, im Dezember gingen die ersten 250 Systeme im Betrieb.

Angeboten wird ein System, die Komponenten kommen aus China und aus Deutschland. Das ganze Produktpaket ist in drei verschiedenen Dimensionen erhältlich – beim Panel wählt man zwischen 80, 120 und 200 Watt passend dazu die Batterie mit 55, 80 oder 120 AH, ein Laderegler mit verschiedenen Anschlüssen für Stecker, USB, dazu das Fernsehgerät, vier bis fünf Lampen und Radio. Gezahlt wird per Mobiltelefon in Raten von rund 25 Euro über einen Zeitraum von drei Jahren. Solange läuft auch die Garantie für die Batterie. Auf die Panele gibt der chinesische Produzent 25 Jahre. Das Besondere ist die Kombination aus Solaranlagen und Mobilfunktechnik. Darüber funktioniert sowohl die Steuerung, die Überwachung und falls notwendig auch die Abschaltung des einzelnen Systems.

Robert Zeidler war von Anfang an dabei, jetzt ist er Geschäftsführer von Mobisol Tansania. Für ihn begann das Abenteuer 2011 mit dem Pilotprojekt in Nakuru, Kenia. Zusammen mit einem Techniker beschafften sie in Nairobi alle Einzelteile für die 100 zu installierenden Systeme, suchten Zulieferer und Partner, die zusammengetragenen Einzelteile stapelten sich erst mal dort im Hotelzimmer. System, das Panel, Batterie, Laderegler, das heißt eine Box mit verschiedenen Anschlüssen für USB und Stecker. Die Prototypen der ersten Stunden waren noch echt handgebastelt.

Seine erste Berührung und Erfahrungen mit Tansania hatte er viel früher während seines Studiums an der University of Liverpool. In der von Studenten organisierten Nichtregierungsorganisation »Read International« sammeln sie Geld für den Druck von Schulbüchern, die überall in den Schulen des Landes fehlten.

2013 war das erste wirkliche Geschäftsjahr in Tansania, hier gibt es inzwischen mehr als 25 000 Systeme. Seit 2014 ist Mobisol auch in Ruanda aktiv, vor Kurzem konnten sie dort einen Meilenstein feiern – das 10 000ste System wurde in Betrieb genommen, das bedeutet, in 10 000 Haushalte sorgt Solarenergie für eine preiswerte und nachhaltige Stromversorgung. Ziel sind vorerst 49 000 Haushalte und 1000 Schulen. Die Regierung Ruandas und die EU sind Partner.

In der Region Mwanza, der zweitgrößten Stadt Tansania konnte das Unternehmen 2015 innerhalb von nur zwei Monaten 3000 Solaranlagen Systeme installieren, die bisher schnellste Expansion. Die genaue Fehleranalyse und Dokumentation der bisherigen Prozesse zahlt sich dabei aus. Ein wichtiger Arbeitsschritt, um hohe Effizienz und schnelle Anpassung des Designs an die jeweiligen konkreten Bedürfnisse zu erreichen. Die können lokal zum Beispiel zwischen Großstadt und ländlichen Regionen sehr unterschiedlich sein. Für die städtischen Gebiete ist die Solarenergie eine wichtige und preiswerte Alternative zur vorhandenen, aber sehr instabilen und teuren Stromversorgung, in den ländlichen Gebieten die Erstversorgung.

Das System soll immer intelligenter werden. Die Strom verbrauchenden Geräte sollen mit den übrigen Systemkomponenten kommunizieren können, also zum Beispiel in der Nacht weniger Strom verbrauchen. Deshalb versuchen die Produktentwickler von Mobisol Partner und Produzenten zu finden, die einen solchen flexibel arbeitenden Gleichstromkühlschrank für das Mobisol System herstellen können.
In der firmeneigenen Akademie in Arusha und Mwanza erwerben die zukünftigen Verkäufer und Solartechniker das Grundverständnis für Solarenergie und erlernen die erforderlichen praktischen Arbeitsschritte. Die Kurse sind bis auf eine Anmeldegebühr gratis. Das erworbene Zertifikat gilt für sechs Monate.

Nur mit dem dort erworbenen Zertifikat sind sie berechtigt die Systeme von Mobisol zu verkaufen beziehungsweise zu installieren. Die Solartechniker können nach einen weiteren mehrwöchigen Fortbildung auch die Wartung der Anlagen zu übernehmen. Viele betrieben dies erst einmal als Nebentätigkeit.

Das Konzept eröffnet aber durchaus weitere Möglichkeiten, auch für die Kunden. Sie können zum Standardpaket auch kompatible Geräte dazukaufen, mit denen sie selbst Geld verdienen können. Vor allem Frauen nutzen diese Möglichkeit für einen Mini Shop – zum Beispiel Handy-Aufladeservice oder Friseursalon mit Solarenergie betriebener Haarschneidemaschine oder Getränkeverkauf aus solarbetriebenen Kühlschränken geben ihnen neue Geschäftsmöglichkeiten.

Das Konzept privatwirtschaftlicher mit sozialer Dienstleistung zu verbinden, in die Ausbildung von Fachpersonal zu investieren funktioniert sehr gut. Das junge Berliner Unternehmen entwickelt sich rasant. Für 2016 stehen Dar es Salaam, die Küstenregion, vor allem aber die südlichen Regionen auf der Mobisol-Landkarte. Die ersten Schritte dahin sind bereits getan – weitere Standorte und Logistikzentren im Süden Tansania wurden bereits eröffnet.

Insgesamt soll es Ende 2016 schon 47 000 Solarsysteme von Mobisol in Tansania und Ruanda geben. Einen kaum nach Zahlen zu bemessenden Wert haben dabei vor allem die sozialen, ökologischen und bildungspolitischen Möglichkeiten, die sich für die Menschen mit der Nutzung der Solarenergie eröffnen. Das ist wohl Mobisols wichtigster Erfolg. Und der bleibt nicht unbeachtet: Auszeichnung folgt auf Auszeichnung, vom prestigereichen Preis der UN-Klimarahmenkonvention bis hin zum Ecosummit Award 2016. An Ermutigung, die solare Revolution voranzutreiben, fehlt es nicht.

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