Teures deutsches Wohnen

Mieter begehren gegen Berlins größten privaten Vermieter auf

  • Christina Palitzsch
  • Lesedauer: 2 Min.
Bei der Jahreshauptversammlung der Deutschen Wohnen AG gab es Mieterproteste - mit über 100 000 Wohnungen ist das Unternehmen der größte private Vermieter der Hauptstadt.

Ohrenbetäubender Lärm von Trillerpfeifen. Ein Mann steckt in einer Guillotine aus Styropor, schreit »Deutsche Wohnen - Abzock AG« und »Euer täglich Brot ist die Wohnungsnot«. Vor dem Ludwig Erhard Haus nahe dem Bahnhof Zoo haben am Donnerstag Dutzende ihren Unmut über den Aufkauf der Stadt bekundet. Auch Barbara von Boroviczeny ist seit vielen Jahren dabei. Selbst engagiert im Mieterverein, lebt sie seit 1959 in der Zehlendorfer Waldsiedlung Onkel Toms Hütte. Diese wurde in den 20er Jahren von Architekt Bruno Taut gebaut. Als die Häuser 2007 zur Deutsche Wohnen übertragen wurden, kamen die Probleme: Sanierung, Mieterhöhung, Verdrängung. Bestandsmieten wurden angehoben und die Gasetagenheizung durch Fernwärme ersetzt. Die Klage am Bundesgerichtshof dagegen verlor sie, aber der Richter bestätigte, dass »von dem Urteil Energieerzeuger und Vermieter profitieren.« Also die Mieter verlieren. Dadurch haben sich Mieten um bis zu 30 Prozent erhöht, was gerade bei älteren Bewohnern den Großteil der Rente auffrisst. Zudem werden im großen Stil Wohnungen in Eigentum umgewandelt.

1,2 Milliarden Euro Gewinn 2015, mit dieser frohen Botschaft lud der Konzern zur Jahreshauptversammlung. Laut Geschäftsbericht sei dies das »beste Jahresergebnis der Unternehmensgeschichte« und zusätzlich ermöglichten die »Effekte aus dem Berliner Mietspiegel 2015 ein überdurchschnittliches Mietwachstum«. Ein Gutteil der Gewinne stammt dabei von den 61 000 Wohnungen der ehemaligen GSW. Die einst größte landeseigene Wohnungsbaugesellschaft wurde 2004 privatisiert. Ein Konsortium um die Cerberus Holding, benannt nach dem nie schlafenden, dreiköpfigen Höllenhund, versprach Mieterschutz und Sanierung. Zehn Jahre und einen Börsengang später war von den Versprechen wenig übrig.

Barbara von Boroviczeny bekommt deutlich unter 1000 Euro Rente, davon gehen 60 Prozent für die Miete drauf. Sie spüre auch in ihrem Viertel die wachsenden Existenzängste. »Auch Zehlendorf ist keine Insel der Glückseligen, denn es gibt hier natürlich Villen, aber auch mittelständische Siedlungen.« Von Boroviczeny hat zumindest einen Teilsieg gegen die Deutsche Wohnen errungen: Durch Beratung und Hilfe vom Netzwerk, Protest und Verhandlungen konnte sie die letzte Mieterhöhung verhindern.

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