Barrierefrei und mit Ampel

Bauarbeiten sollen Zentralen Omnibusbahnhof in drei Jahren zur Visitenkarte machen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit der Liberalisierung des Fernbusmarkts platzt der Busbahnhof am Funkturm aus allen Nähten. Ein gründlicher Umbau soll das ändern.

»Der 60er-Jahre-Baustil - ganz eng, mit ganz vielen dunklen Ecken - kommt weg«, sagt Sigrid Nikutta, Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), am frühen Donnerstagnachmittag auf dem Gelände des Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) am Funkturm. Die BVG betreibt den Bahnhof im Auftrag des Senats über ihre Tochter Internationale Omnibusbahnhof Betreibergesellschaft (IOB). Die Aufhübschung ist allerdings nur ein Nebeneffekt des nun begonnenen Komplettumbaus. 14,3 Millionen Euro soll er kosten und drei Jahre dauern. Hauptziel ist die Erweiterung der Kapazität. 2019 sollen 33 Bussteige gleichzeitig nutzbar sein, sechs mehr als bisher. Nach der Liberalisierung des Fernbusverkehrs erreicht der 1966 eröffnete Verkehrsknotenpunkt seine Grenzen. »Von 65 000 Abfahrten vor vier Jahren vervierfachte sich die Zahl auf fast 210 000 im Jahr 2015«, sagt Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD), der sich im Vorwahlkampf den Spatenstich nicht entgehen lässt.

»Der ZOB ist in den vergangenen 50 Jahren immer nur provisorisch instand gesetzt worden«, sagt Geisel. Nun soll er eine Visitenkarte für Berlin werden. »Ein Ort, an dem man gerne ankommt und die Stadt auch mit guten Erinnerungen verlässt.« Im ersten Schritt entstehen acht neue, schräg angeordnete Haltestelleninseln auf einer bisher als Busparkplatz genutzten Fläche. Das schafft genug Kapazität, um in weiteren drei Bauphasen die restlichen Haltestellen und schließlich auch die bestehenden zweistöckigen Gebäude umzugestalten. Die Busse sollen künftig fahren und halten können, ohne sich gegenseitig zu behindern.

»Bis zu 20 An- und Abfahrten mehr pro Stunde sind so möglich«, sagt Geisel. »Im Grunde reichen die heutigen Kapazitäten bis auf wenige Tage im Jahr sowie bis auf die Stunden zwischen sechs und neun Uhr morgens und ab 17 Uhr«, sagt BVG-Chefin Nikutta. Ähnliches würde sie wohl auch über den öffentlichen Nahverkehr in der Hauptstadt sagen.

Sämtliche Einrichtungen und Haltestellen werden nach dem Umbau barrierefrei erreichbar sein. Besser erreichbar für Fußgänger wird der ZOB bis spätestens Herbst, verspricht die Stadtentwicklungsverwaltung. Dann soll nach jahrelanger Wartezeit eine Fußgängerampel die gefahrlose Überquerung des Messedamms ermöglichen. Damit muss auf dem Weg zwischen S-Bahnhof und ZOB nicht mehr die verwahrloste Unterführung mit ihren häufig kaputten Rolltreppen genutzt werden.

»Die Busunternehmen haben mit Direktfahrten auch in kleinere Orte sowie mit Tickets für Menschen mit wenig Geld eine Marktlücke entdeckt«, sagt Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Allerdings hat er viele Vorbehalte. Problematisch sei schon der Aufbau der Unternehmen: »Das wird praktisch alles über Subunternehmer erledigt, die manchmal selber Subunternehmer beschäftigen.« Auch die Wettbewerbsverzerrung gegenüber der Bahn beklagt er. »Die Eisenbahn muss hohe Trassengebühren bezahlen, Fernbusse sind sogar von der Maut befreit.« Die große Konkurrenz bei Verbindungen wie zwischen Berlin und Rostock lässt ihn befürchten, dass mittelfristig Regionalzugfahrpläne wegen Fahrgastmangels ausgedünnt werden. Doch die Rahmenbedingungen kann nur der Bund ändern.

Ob der Fernbusmarkt in den nächsten Jahren stark wachsen wird, ist momentan unklar. »Wir unternehmen aber Ausflüge auf dem Stadtplan für einen weiteren Standort in der Mitte oder im Osten der Stadt«, sagt Geisel. Diese Gedankenspiele wurden bisher mit Hinweis auf fehlende Autobahnanbindungen verworfen. Die A 100 bis Friedrichshain scheint intern gesetzt zu sein.

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