Länder düpieren Schäuble und Gabriel

Mehrheit im Bundesrat hält die Erbschaftsteuerreform weiter für verfassungswidrig - und ordnet ein Nachsitzen an

  • Marian Krüger
  • Lesedauer: 3 Min.
SPD, Grüne und LINKE haben im Bundesrat die Erbschaftssteuer als verfassungswidrig abgelehnt. In anderen Fragen war man konzilianter. Thüringen will aber CETA auch in die Länderkammer holen.

Der Vermittlungsausschuss wird tätig, wenn der Bundestag etwas beschlossen hat, das vom Bundesrat abgesegnet werden muss - die Länderkammer dies aber verweigert. Das kann etwas länger dauern. Doch im Fall der Erbschaftssteuerreform, die jetzt auf seine Tagesordnung rückt, muss es eigentlich schnell gehen. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Frist für eine Neuregelung gesetzt, die am 30. Juni abgelaufen ist.

Karlsruhe hatte im Dezember 2014 moniert, das geltende Erbschaftssteuerrecht bevorzuge unzulässig Firmenerben gegenüber Vermögenserben. Doch der klare Auftrag mündete nicht in eine schnelle Änderung des Gesetzes. In einer Hängepartei tat sich insbesondere die CSU immer wieder als Bremserin hervor und ließ mehrere Kompromisse platzen, um so viel wie möglich vom Firmenerben-Steuerprivileg zu retten.

Nun ist vorgesehen, dass Firmenerben auch künftig die Steuer binnen sieben Jahren vollständig erlassen werden kann, wenn die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Erst ab einem Erbwert von 26 Millionen Euro soll geprüft werden, ob ein Teil der Steuer aus Privatmitteln beglichen werden kann. Und nur bei einem Erbe von über 90 Millionen soll es keine Steuerverschonung mehr geben.

SPD, Grüne und Linkspartei kritisierten am Freitag im Bundesrat unisono, der Bund habe die Vorgaben aus Karlsruhe nicht erfüllt - und wolle dies auch gar nicht. Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (LINKE) sagte, die Privilegierung reicher Erben sei das Hauptanliegen des Gesetzes. Für seine Erfurter Kollegin Heike Taubert (SPD) steht fest, es würden »Unternehmensgewinne kleingerechnet« und reiche Erben gegenüber etwa Arbeitnehmern durch die zinslose Stundung ihrer Steuerschulden ungeniert bevorzugt. Bleibe das Gesetz unverändert, könne Karlsruhe abermals einschreiten. Für die Kieler Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) muss die Erbschaftssteuer auch dazu dienen, die Ansammlung großer Vermögen in den Händen Weniger zu verhindern.

Dagegen hielt Bayerns Horst Seehofer (CSU): Bei dem Gesetz gehe es gar nicht um Steuergerechtigkeit, sondern um Mittelstandsförderung. Familienbetriebe würden mit einer zu hohen Besteuerung ins Ausland getrieben und Arbeitsplätze gefährdet.

Dem widersprach der nordrheinwestfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Von den sechs Milliarden Euro, die die Länder jährlich aus der Steuer einnehmen, kämen ohnehin rund 90 Prozent von Privatleuten und nur zehn Prozent von Erben von Unternehmen. Das neue Gesetz ändere an dieser Schieflage nichts. Schuld daran seien Lobbyisten - und das Land Bayern. Dank der »Einwirkung des Freistaates« sei das Gesetz nur noch eine »entkernte Hülle«: Der Ausgangsentwurf der Bundesregierung habe noch eine verfassungskonforme Lösung gesucht. Doch ständige Interventionen aus München hätten diese Absicht hintertrieben. Ulrich Meister (CDU), Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, dankte zwar einerseits für das »Lob an die Bundesregierung«. Dass die Koalitionsspitzen etwas anderes als eine »verfassungsfeste« Reform ausgehandelt haben könnten, wies er andererseits weit von sich.

Die Entscheidung zur Erbschaftssteuer düpiert nicht nur Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Horst Seehofer, sondern auch SPD-Chef-Sigmar Gabriel. Allerdings knickte die Länderkammer auch in etlichen Punkten ein. Das betrifft die Hartz-IV-Novelle, der am Ende nur die Länder mit Linkspartei-Regierungsbeteiligung - Thüringen und Brandenburg - nicht zustimmten. Und es ging ein ganzes Paket von Gesetzen zur Energiewende ohne Blessuren durch: das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Strommarktgesetz und die Regelung zum Verbot von Fracking.

Thüringen will derweil noch ein großes Fass aufmachen. Das geplante Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada ist nach Ansicht der Erfurter Regierung ein sogenanntes gemischtes Abkommen: Es greife massiv in Länderkompetenzen in der Kultur-, Medien-, Bildungs- und Hochschulpolitik sowie im Verbraucher- und Gesundheitsschutz eingreife. Daher bedürfe es der Zustimmung nicht nur des Bundestages, sondern auch des Bundesrates.

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