Pegida bastelt sich eine Phantompartei

Lutz Bachmann will aber keine Konkurrenz für die AfD schaffen / Bundeswahlleiter weiß noch von nichts

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Noch führt der Verweis ins Leere. Auf einer Internetseite namens »fddv.de«, so hatte Pegida-Anführer Lutz Bachmann in Dresden am Montag mitgeteilt, solle bald Näheres zu der Partei zu finden sein, die nach vielen Ankündigungen nun tatsächlich im Umfeld des islamfeindlichen Vereins gegründet worden sein soll. Noch aber erfährt man dort nichts zur »Freiheitlich direktdemokratischen Volkspartei« (FDDV), für die am 13. Juli ein Gründungsvertrag unterzeichnet worden sein soll: nichts zur Satzung, zum Programm oder den Köpfen. Die Nutzer landen vielmehr bei Pegida.

Bachmann schwadroniert seit Monaten darüber, eine Partei ins Leben rufen zu wollen. Pegida solle, hieß es anfangs, damit einen »parlamentarischen Arm« erhalten. Politikwissenschaftler wie Werner Patzelt von der TU Dresden sagen freilich, den gebe es längst – in Gestalt der »Alternative für Deutschland«. Pegida sei »die AfD auf der Straße, und die AfD ist Pegida als Partei in den Wahlkabinen«, formulierte Patzelt unlängst. Auch in Bachmanns eigenen Anhängerschaft ist der Schritt umstritten. »Das spaltet die Wähler«, warnte ein Leser auf der Facebook-Seite von Pegida.

Allerdings soll die FDDV der AfD wohl auch gar keine Konkurrenz machen; sie dürfte bei der Bundestagswahl 2017 kaum in Erscheinung treten. Nur in ganz wenigen Wahlkreisen wolle man Direktkandidaten aufstellen, sagte Bachmann. Listenverbindungen mit der AfD, von denen er noch vor einem knappen halben Jahr gesprochen hatte, wurden nicht mehr erwähnt; statt dessen hieß es, die AfD solle »unterstützt« werden.

In Sachsen dürfte das Ansinnen auf wenig Gegenliebe stoßen. Zwar gab es nach dem Aufkommen der Pegida-Bewegung im Herbst 2014 ein Treffen zwischen AfD-Chefin Frauke Petry und Mitgliedern des Organisationsteams. Seither aber hat sich das Verhältnis abgekühlt; von »Eiszeit« spricht Bachmann. Anderswo sind die Kontakte enger. Siegfried Däbritz, die rechte Hand Bachmanns, war bei einer Demo von Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke in Erfurt zu Gast; der Magdeburger AfD-Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider trat bei Pegida in Dresden auf.

Dass eine weitere Partei im rechtspopulistischen Lager überflüssig und chancenlos ist, wird auch Bachmann wissen, der in der FDDV selbst keine Rolle spielen will: Er bleibe »der Lutz von Pegida auf der Straße«, sagte er vor seinen Anhängern. Tatsächlich gab er ihnen zu verstehen, dass die »Kleinpartei« vordergründig einen anderen Zweck habe, als Wählerstimmen zu bündeln. Es gehe vielmehr darum, einem angeblich drohenden Verbot des Trägervereins Pegida e. V. zuvor zu kommen. Ein Verein sei »relativ einfach zu verbieten«, sagte er: »Das geht bei Parteien nicht ganz so einfach«. Das stimmt: Eine Partei könne »nicht wie ein Verein durch Verbotsverfügung« eines Ministers verboten werden, sondern nur vom Verfassungsgericht, erklärt das Bundesinnenministerium.

Allerdings: Auf ein Verbot des Vereins, dessen Führung sich unlängst zum zweiten Mal spaltete, deutet wenig hin. Zwar wurden die Reden seit Anfang 2015 immer radikaler, doch die Teilnehmerzahl stagniert bei um die 2000. Schlagzeilen produzieren auch im rechten Lager längst andere. Bei Pegida dagegen gibt es bohrende Fragen danach, was Bachmann & Co. mit den Spenden anstellen, die jeden Montag gesammelt werden. Im Netz wird daher auch spekuliert, die Partei könne ein neues »Vehikel« zur Akquise von Spenden sein. Allerdings müsste die Gründung dafür offiziell gemeldet werden – und auch das ist bisher nicht geschehen: Der Bundeswahlleiter, hieß es am Dienstag, habe noch keinerlei diesbezügliche Unterlagen erhalten.

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