Die Türkei steht Kopf - Der Bundestag macht Urlaub
René Heilig zur Untätigkeit des Parlaments in Sachen Erdogan
Auch Bundestagsabgeordnete brauchen Erholung. Einige haben sich die sogar redlich verdient. Wenn also jemand daherkommt und den Urlaub einiger Gewählter unterbrechen will, sollte er die Alternativlosigkeit belegen. Die Linksfraktion führt, unterstützt von den Grünen, die Situation in der Türkei an und will eine Sondersitzung des Auswärtigen Ausschusses. Union und SPD dagegen sehen »zum jetzigen Zeitpunkt keinen dringenden Handlungsbedarf«. Auch wenn Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Lage in der Türkei »besorgniserregend« nennt und weitere »Einschränkung von Grundrechten« befürchtet: Mehrheit ist Mehrheit. Ferien gehen über alles. Wenn man sich drücken will.
Das Verhalten der Regierungsparteien ist nicht nur pflichtvergessen, es ist schäbig. Deutschland ist eben nicht nur durch Billigurlaub mit der Türkei verbunden. Die Bundeswehr ist beim NATO-Partner zum Anti-IS-Kampfeinsatz stationiert, Erdogan und Merkel verantworten ein unverantwortliches Flüchtlingsabwehrabkommen. Fast fünf Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln leben in Deutschland. Zu normalen Zeiten sind die Wirtschaftsbeziehungen intensiv, die kulturellen auch. Und: Die Demokraten in der Türkei brauchen Solidarität.
Von der Bundesregierung kam bislang nur heiße Luft, wenn es um Erdogans jüngste Verbrechen geht. Es wäre also höchste Zeit, dass die zuständigen Abgeordneten ihren Kontrolljob erledigen - oder spätestens zur nächsten Wahl ihre Koffer packen.
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