Kein Promotionsrecht

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 2 Min.

Fachhochschulen (FH) oder, wie viele von ihnen nun heißen, Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) besitzen grundsätzlich kein Promotions- und Habilitationsrecht. Dies bleibt Universitäten vorbehalten. Zur Begründung weist die Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten an den HAW in Baden-Württemberg auf lakof-bw.de auf den unterschiedlichen Auftrag der beiden Hochschultypen hin. Universitäten seien für die »Forschung und Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses«, die Fachhochschulen für eine »akademische Berufsausbildung« zuständig.

Diese Unterscheidung fällt allerdings zunehmend schwerer. Zum einen profilieren sich viele HAW auch im Bereich der angewandten Forschung, zum anderen bewerben sich verstärkt Studierende mit Promotionsabsicht an diesen Hochschulen. Das Dilemma wird derzeit gelöst, indem HAW einen Vertrag mit einer Partneruniversität schließen, der besagt, dass die Durchführung und Betreuung der Promotion bei der HAW, das »eigentliche Promotionsverfahren« aber bei der Universität liegt. Bei diesem »individuellem Abkommen« oder auch dieser »kooperativen Promotion« (promotion-fh.de) stellen HAW und Partneruniversität gemeinsam die Gutachter. In den Abkommen vereinbaren die beiden Hochschulen eine interdisziplinäre Zusammenarbeit ihrer Promovierenden in »kooperativen Promotionskollegs« (KPK). Die Betreuung der Doktoranden erfolgt wahlweise von der HAS oder der kooperierenden Universität.

In Baden-Württemberg läuft dieses Verfahren als Pilotprojekt, um den HAW das Promotionsrecht zu ermöglichen. So gibt es z. B. das durch das baden-württembergische Wissenschaftsministerium geförderte KPK »Pharmazeutische Biotechnologie« der Hochschule Biberach und der Universität Ulm.

Bereits 2014 änderte das Land Baden-Württemberg die Regelungen so, dass auch ein Promotionsrecht für HAW möglich wurde. »Das Wissenschaftsministerium kann einem Zusammenschluss von Hochschulen für angewandte Wissenschaften (…) nach evaluations- und qualitätsgeleiteten Kriterien das Promotionsrecht befristet und thematisch begrenzt verleihen. Das Nähere regelt das Wissenschaftsministerium durch Rechtsverordnung.« So lautete zumindest der Plan der grün-roten Landesregierung. Das Regelwerk lasse allerdings auf sich warten, wie die Deutsche Universitätszeitung (duz.de) beklagt.

Als erstes Bundesland hat in diesem Jahr Hessen das Promotionsrecht samt Regelung für HAW verabschiedet. Allerdings gibt es auch hier Einschränkungen. Das Promotionsrecht ist laut Wissenschaftsminister Boris Rhein (CDU) bei technischen Fachrichtungen dann gegeben, wenn die zuständigen Professoren »innerhalb von drei Jahren mindestens 300 000 Euro an Drittmitteln eingeworben und sechs Publikationen veröffentlicht« haben. In nicht-technischen Fächern müssen sie »150 000 Euro und drei durch Experten geprüften Publikationen in drei Jahren« vorweisen. (wissenschaft.hessen.de) Die Gleichstellung geht also mit einem verschärften Konkurrenzkampf unter den Wissenschaftlern einher. Lena Tietgen

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