Aborigines wehren sich

Karikaturen-Streit in Australien

  • Barbara Barkhausen
  • Lesedauer: 3 Min.

Unter Australiens Ureinwohnern wächst die Wut: »Ich bin ein Aborigine-Vater. Ich will nicht, dass meine Kinder so einen rassistischen Müll in den Medien sehen«, schrieb Luke Pearson, der Herausgeber der Webseite IndigenousX.com.au. Gemeint ist damit eine Karikatur, die die australische Tageszeitung »The Australian« vergangene Woche gedruckt hat. Auf dem Bild zeigt der Karikaturist Bill Leak einen Aborigine-Polizisten, der einem Aborigine-Vater seinen Sohn entgegenhält und ihn auffordert, ihm mehr Verantwortung beizubringen. Der Vater, der eine Bierdose in der Hand hält, antwortet darauf: »Ja, klaro, wie heißt er noch mal?«

Die Zeichnung wurde am vergangenen Donnerstag veröffentlicht - dem National Aboriginal and Torres Strait Islander Children’s Day - und damit an dem Tag, an dem eigentlich die indigenen Kinder im Land gefeiert werden sollten. Die Reaktion war eine nationale Rassismusdebatte im Land. Nigel Scullion, der Minister für indigene Angelegenheiten, nannte die Zeichnung »geschmacklos«. Auch die meisten anderen Politiker, Medien und etliche Social-Media-Nutzer verurteilten die Karikatur als grobe Verallgemeinerung und als rassistisch. Ein australischer Finanzdienstleister zog seine Werbung in der Tageszeitung zurück.

Trotz des nationalen Aufschreis verteidigte der Karikaturist, gestützt vom Chefredakteur des »Australian«, sie vehement. Er zeige nur die Wahrheit auf, schrieb er in einem Meinungsstück am Freitag und antwortete mit einem weiteren Cartoon. Dieser ähnelte dem ersten in großen Teilen, nur hält der Polizist in diesem Fall den Karikaturisten selbst in den Händen, während er sagt: »Dieser Kerl sagt die Wahrheit und denkt, das ist lustig.« Ihm gegenüber steht der drohende Twitternutzer, der schreit: »Lass mich ran an ihn.« Viele Aborigine-Väter im Land ließen sich jedoch gar nicht auf eine Diskussion ein. Sie antworteten dem Karikaturisten, indem sie unter IndigenousDads Bilder von sich und ihren Kindern auf Twitter luden, um damit zu zeigen, wie sehr ihnen ihre Kinder am Herzen liegen.

Die Karikatur folgte auf einen Gefängnisskandal, den der staatliche Sender ABC Ende Juli aufgedeckt hatte. Aborigine-Kinder waren in dem Jugendgefängnis Don Dale Centre im Norden des Landes so schwer misshandelt worden, dass Vergleiche zu Folterskandalen aus Guantanamo Bay oder Abu Ghraib gezogen wurden. Der Fernsehsender zeigte damals Bilder eines 17-Jährigen, der über Stunden mit einem Sack über dem Kopf halb nackt an einen Stuhl gefesselt war. Wie eng die Zeichnung damit in Verbindung steht, erklärte der Karikaturist in seinem Meinungsstück selbst: Wer denke, dass die Situation in diesem Jugendgefängnis schlimm für die eingesperrten Kinder sei, der solle sich mal das Zuhause anschauen, wo sie herkämen. »Dann versteht ihr, warum so viele dort geendet sind«, schrieb Bill Leak. Das Aboriginal Land Council des Bundesstaates New South Wales schrieb in einer Pressemitteilung, dass die Aborigine-Väter mit ihrer Twitter-Kampagne jedoch das letzte Wort gehabt hätten: »Aborigines in ganz Australien können Trost darin finden, dass wir aus dieser hässlichen und negativen Episode nun so einen positiven Ausdruck von Aborigine-Kultur und Identität erhalten haben.«

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