Autonome Autos steuern in ungewisse Zukunft

In den USA haben drei führende Ingenieure Google verlassen / Verkehrssicherheitsbehörde NTSB prüft Unfall mit Tesla-Fahrzeug

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Projekt selbstlenkender oder autonomer Autos scheint in den USA auf einer Straße voller Schlaglöcher geraten zu sein. Zum Wochenende teilten gleich drei führende Ingenieure mit, dass sie die mit der Entwicklung solcher Projekte beauftragte Forschungsabteilung bei der Google-Konzernmutter Alphabet verlassen werden. Und seit dem tödlichen Unfall durch eine versagende Autopilotfunktion diskutiert die Branche ohnehin, ob die Vision von Millionen von Selbstlenkern sich überhaupt verwirklichen lässt.

Am Freitag teilte der Chef der Forschungsabteilung Lab X bei Alphabet, Chris Urmson mit, dass er die Google-Mutter verlassen wird. Er nannte keinen konkreten Grund für seine Kündigung. Gleichzeitig sagte die Ingenieure Dave Ferguson und Jiajun Zhu, sie würden die Google-Entwicklung für ein autonomes Auto verlassen, um bei Startup-Firmen anzufangen. Schon zuvor hatte ein anderer Top-Ingenieur, Anthony Levandowski, bei Google gekündigt. Er will eine eigene Firma aufmachen und selbstlenkende Lastwagen bauen.

Urmson ließ auf seinem Blog wissen, was ihn zu dem Schritt bewogen hat: »Nachdem wir unsere Autos haben das durchlaufen lassen, was umgerechnet 150 Jahren Fahren mit einem Menschen als Lenker entspricht, und nachdem wir unser Projekt den Sprung von der reinen Forschung zur Entwicklung eines Produktes haben machen lassen, das eines Tages jedermann nutzen kann, bin ich bereit für eine neue Herausforderung.« Welche, das sagte Urmson nicht.

Tesla-Unfall wird untersucht

Ob der Sprung zur Alltagstauglichkeit wirklich vollzogen worden ist, prüft derzeit die amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde NTSB (National Transportation Safety Board). Sie untersucht den Unfall eines Tesla am 7. Mai in Florida. Der Insasse hatte sich das Auto selber überlassen und offenbar einen Film über Harry Potter angesehen, als das Elektroauto in einen Lastwagen fuhr. Auch sei er 15 Stundenkilometer schneller gewesen als erlaubt. Beim Zusammenprall starb der Mann. Die Kameras hätten den weißen Laster nicht erkannt, weil er im Gegenlicht keinen Kontrast abgab, hieß es bei Tesla. Der Hersteller von Elektroautos hat sich kürzlich von der israelischen Firma MobileEye getrennt, die die Detektoren hergestellt hat.

Auf einer Expertenkonferenz in Traverse City in Michigan war der Unfall das Thema in allen Gesprächen. Der Direktor von Mitsubishi Electric, Gareth Williams, sagte: »Die jüngste öffentliche Diskussion, über den tödlichen Unfall eines Tesla-Autopiloten hat die Diskussion in der ganzen Branche eröffnet.« Die Meinung der Öffentlichkeit hat sich seit dem Unfall im Mai bewegt. Eine Umfrage von AlixPartners vor und nach dem 7. Mai ergab, dass vorher 86 Prozent und nachher nur noch 79 Prozent den Sicherheitsgarantien der Hersteller, ihr Autopilot werde keinen Unfall herbeiführen, glaubten.

Entlastung des Verkehrs

Eine Studie des renommierten MIT in Massachusetts hat kürzlich festgestellt, dass selbstlenkende Autos ohne Fahrer die Dienste von Taxi-ähnlichen Firmen wie Uber oder Lyft anwachsen lassen würden. Langfristig könnten die Straßen der USA sogar von 80 Prozent des privaten Autopersonenverkehrs befreit werden. Allerdings besagt die Studie auch, dass der Verkehr in den Innenstädten noch dichter werden könnte.

Volvos CEO Hakan Samuelson sagte, im Grunde gehe es nicht darum, dass Autos sich selber steuern sollten. Autofahren solle leichter gemacht werden. »Wir haben keine Ambitionen, ein Auto zu haben, dass in der Innenstadt von A nach B fahren kann. Träumt der normale Verbraucher wirklich davon? Wir glauben eher daran, in einer Situation, in der Fahren keinen Spaß macht, man den Autopiloten einschalten und etwas anderes, Produktiveres machen kann.«

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal