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Regierungskritiker: Erdogan muss vor Gericht

Gülen-Kritiker Ahmet Sik fordert Ermittlungen gegen autoritären Staatschef und umstrittenen Prediger

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei fordert der bekannte Regierungskritiker und Journalist Ahmet Sik Ermittlungen auch gegen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. »Fethullah Gülen und Recep Tayyip Erdogan müssen wegen Bildung und Leitung einer Organisation zusammen vor Gericht gestellt werden. Eine andere Alternative gibt es nicht«, sagte er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Erdogan beschuldigt den in den USA lebenden Prediger Gülen, Drahtzieher des Putschversuchs vom 15. Juli zu sein. Inzwischen wurde deswegen Haftbefehl gegen den Prediger erlassen. Gülen war einst Erdogans Verbündeter, bis es 2013 zum offenen Bruch kam. Der 45-jährige Sik gehört zu den prominentesten Gülen-Kritikern in der Türkei. Schon vor Jahren warnte er vor einer Unterwanderung staatlicher Stellen.

Sik sagte weiter, sowohl Politiker der Regierungspartei AKP als auch Erdogan »höchstpersönlich« seien dafür verantwortlich, dass die Gülen-Bewegung Schlüsselstellen in Justiz, Polizei und Militär besetzen und jahrelang kontrollieren konnte. Aus Regierungskreisen hieß es auf Anfrage, man müsse der »Versuchung widerstehen« die Unterwanderung durch Gülen mit der aktuellen Regierung zu verknüpfen. Die Infiltrierung habe schon in den 70er Jahren - lange vor der Zeit der AKP - begonnen. Erdogan hat inzwischen eingeräumt, die Bewegung »in gutem Glauben« unterstützt zu haben, und sich dafür öffentlich entschuldigt.

Derweil hat der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu der Europäischen Union »Türkei-Feindlichkeit« vorgeworfen. Der »Bild«-Zeitung sagte Cavusoglu: »Wir haben uns wie kaum ein anderes Land angestrengt, alle Bedingungen für den EU-Beitritt zu erfüllen. Aber das, was wir jetzt von Teilen der EU erleben, sind ausschließlich Drohungen, Beleidigungen und eine totale Blockade. Ich frage mich: Was haben wir verbrochen? Warum gibt es diese Türkei-Feindlichkeit?«

Cavusoglu zeigte sich enttäuscht, dass die Türkei nach dem gescheiterten Putsch nicht mehr Unterstützung erhalten habe. Er erneuerte zudem seine Forderung nach einer Visa-Liberalisierung. Deutschen Medien warf Cavusoglu »Manipulation und Desinformation« vor. Cavusoglu sagte: »Die Berichterstattung in Deutschland, auch bei Ihnen bei der «Bild»-Zeitung, ist gesteuert in einer Richtung, die nichts mit der Realität in der Türkei zu tun hat.« Agenturen/nd

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