Siebenjährige als Zielgruppe

Kinderkonto

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

»Ohne Finanzwissen geht es nicht«, behauptet Michael Kemmer. Der frühere Bankvorstand arbeitet heute als Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes BdB. »Die Jugendlichen müssen den Unterschied zwischen einem Spar- und einem Girokonto kennen und den Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko verstehen.« Studien zeigten jedoch immer wieder: Es mangelt Schülern bei Wirtschafts- und Finanzfragen an elementarem Verständnis. Hier besteht Handlungsbedarf.

Nun mag man solche Studien als Lobbyarbeit der Banken abtun. Doch gerade Linke und Marxisten sollten es bedauern, wenn junge Menschen ohne elementare Kenntnisse des Kapitalismus aufwachsen. Das Verhältnis von Rendite und Risiko ist solch eines, auch wenn man sich an der Arbeitswertlehre von Karl Marx orientiert. Finanzbildung muss ja nicht heißen, dass Banken- und Fondsverbände in die Schulen marschieren.

Was sie allerdings in vielen Bildungseinrichtungen tun. Mit der Schülerinitiative »Hoch im Kurs« setzt sich etwa der Investmentverband BVI seit 2006 für die »finanzielle Allgemeinbildung« ein. Aus Verbandssicht erfolgreich: Bisher haben Lehrer 1,4 Millionen Broschüren für den Unterricht abgerufen. Ein weiterer Baustein der Initiative ist das kostenlose bundesweite Angebot »Finanzexperten in die Schulen«. Es ermöglicht Lehrern, Experten live in den Unterricht zu holen. Für Kids bietet der BVI gratis die App »Geld-Check« für Smartphones an. Rechner und weitere Anwendungen sollen den bewussten Umgang mit Geld erleichtern.

Kinder und Jugendliche sind aber auch eine wichtige Zielgruppe für Finanzdienstleister. Bei den Älteren ist der Markt weitgehend aufgeteilt. Wer einmal Kunde einer Bank ist, bleibt ihr meistens treu. Darum rangeln die Unternehmen mit »Mäuse-Konto« oder »Top Giro Young« um die junge Kundschaft. Im Regelfall ist die Eröffnung eines Girokontos im Alter von 7 Jahren möglich. Ab 12 Jahre geht das sogar im Internet. Zur Kontoeröffnung müssen beide Elternteile zustimmen.

Das »Mäuse-Konto«

Das Kinderkonto wird grundsätzlich auf Guthabenbasis geführt. Der Begriff Guthabenbasis besagt, dass Abhebungen, Überweisungen oder Lastschriften seitens der Bank nur dann ausgeführt werden (sollten), wenn ein entsprechendes Guthaben auf dem Konto vorhanden ist.

Die Kontoverantwortung liegt bis zur Volljährigkeit des Kindes bei den Erziehungsberechtigten. Eltern dürfen genau festlegen, was das Kind darf oder nicht darf. So kann das Kind zum Beispiel eine Bankkundenkarte bekommen, damit es am Geldautomaten sein Taschengeld abheben oder am Terminal einzahlen oder Kontoauszüge ausdrucken kann.

Kreditkarten bekommen Kin- der erst ab der Volljährigkeit. Ausnahme: Eine Prepaid-Kreditkarte, die mit einem bestimmten Betrag aufgeladen wird. Das ist dann sinnvoll, wenn Minderjährige zum Schüleraustausch für eine Zeit ins Ausland gehen. Ist das Guthaben aufgebraucht ist, können die Eltern das Kartenkonto von zu Hause aus wieder aufladen.

Vorsicht vor Schulden!

Verbraucherschützer sehen Kinderkonten »zwiespältig«. Einerseits sollten Kinder rechtzeitig den verantwortlichen Umgang mit Geld lernen, so ein Sprecher der Verbraucherzentrale NRW. Anderseits bestehe die Gefahr von Schulden.

Statt einer Bankkarte, die nur das Abheben von Bargeld erlaubt, geben nämlich viele Kreditinstitute EC-Karten an ihre jungen Kunden ab 12 Jahre aus. Damit können sie per Unterschrift an der Kasse vieler Supermärkte und Kleidungsgeschäfte zahlen. Auch wenn das Konto nicht gedeckt ist. Ein solches »Darlehen« ist aber eigentlich verboten.

Eine Kreditaufnahme für Jugendliche ist nur mit gerichtlicher Genehmigung erlaubt. Ein Kreditvertrag zieht Rückzahlungspflichten und Zinslasten nach sich und kann wegen dieser Nachteile von Minderjährigen nicht alleine wirksam abgeschlossen werden, argumentiert der Gesetzgeber.

Außerdem sorgt er sich darum, dass Eltern ihr Kind vorschieben, um einen Kredit zu bekommen. Deshalb genügt die Zustimmung der Eltern nicht. Jeder Darlehensantrag eines Minderjährigen, auch die Überziehung des Girokontos, muss vom Vormundschaftsgericht genehmigt werden, bevor die Bank das Geld auszahlt.

Kritik an Kinderkonten gibt es kaum. »Wenn aber Kinder noch nicht mal richtig rechnen könnten, sei es sicherlich zu früh, ein Kinderkonto zu eröffnen«, sagt eine Sprecherin des Deutschen Kinderschutzbundes.

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