Mehr Patienten, weniger Kliniken

Über 19 Millionen Menschen wurden im vergangenen Jahr in deutschen Krankenhäusern stationär behandelt

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.

Mehr Patienten, weniger Betten, stagnierende Verweildauer - das Statistische Bundesamt hat am Dienstag neue Zahlen über Krankenhäuser in Deutschland vorgelegt. Demnach blieb ein Patient im vergangenen Jahr bis zu seiner Entlassung im Schnitt 7,4 Tage in der Klinik. 2003 waren es noch 8,9 Tage. Damals lag der EU-Durchschnitt bei 6,1 Tagen. Demnach wäre in Deutschland noch Luft nach unten.

Die Verkürzung der Verweildauer wird seit 2004 über die Fallpauschalen erreicht. Bevor dieses Abrechnungsinstrument verpflichtend wurde, erhielten die Krankenhäuser jeden Krankenhaustag durch die Kassen finanziert, danach gab es nur noch Durchschnittsvergütungen für häufige Krankheitsbilder.

Die Zahl der Patienten ist gestiegen, im vorigen Jahr wurden 19,2 Millionen Menschen stationär behandelt, 2005 waren es 16,5 Millionen. Betriebswirtschaftliche Überlegungen wurden mit dem wachsenden Anteil privater Eigentümer womöglich immer wichtiger für alle anderen Trägerformen. Noch steht fast jedes zweite Krankenhausbett in öffentlichen Kliniken, ein weiteres Drittel bei freigemeinnützigen Trägern. Bei der absoluten Zahl der Kliniken sind die öffentlichen Träger schon 2014 auf unter 30 Prozent zurückgefallen, die beiden anderen Trägerformen lagen bei je 35 Prozent.

Die Privaten hatten 1998 die 20-Prozent-Marke geknackt und wachsen seitdem langsam, aber stetig weiter. Offenbar ist dieser Wachstumskurs durch einen gewinnbringenden »Casemix« untermauert. Eine Untersuchung des Rheinisch-Westfälischen Institutes für Wirtschaftsforschung wies 2015 nach, dass Patienten in den privaten Krankenhäusern das höchste Durchschnittsalter hatten. In der Systematik der Fallpauschalen führen mehr Nebendiagnosen - besonders häufig bei älteren Patienten - zu einer höheren Vergütung. Daneben verschaffen sich die privaten Krankenhäuser weitere Vorteile durch eine stärke Spezialisierung, sprich durch die Auswahl der im Fallpauschalen-System gut dotierten Diagnosen.

Einen weiteren Hinweis auf eine derartige Rosinenpickerei gibt der Anteil der Häuser der jeweiligen Trägergruppe, die nicht an der Notfallversorgung teilnehmen. 2013 waren das unter den Privaten 17,6 Prozent der Einrichtungen, bei den Kommunalen 1,3 Prozent und bei Freigemeinnützigen 4,6 Prozent.

Weiter gesunken ist die Betten- und die Krankenhauszahl. In den bestehenden 1953 Häusern standen im vorigen Jahr 498 000 Betten zur Verfügung, 2700 weniger als ein Jahr zuvor. Zur Jahrtausendwende gab es noch 560 000 Krankenhausbetten in 2242 Kliniken. Vielen Patienten dürften derartige Statistiken relativ gleichgültig sein, aber gerade für Menschen im ländlichen Raum wird die Anreise mit der Zeit immer länger werden.

Eine weitere für die Kranken wichtige Frage ist die Versorgungsqualität. Einen Hinweis darauf kann die Personalentwicklung geben. Für das vergangene Jahr meldeten die Krankenhäuser 882 300 sogenannte Vollkräfte. Davon gehörten knapp 154 000 zum ärztlichen Dienst, weitere 320 000 zum Pflegedienst. Bei den Ärzten wuchs die Zahl der Vollkräfte um knapp zwei Prozent, bei den Pflegekräften nur um ein halbes Prozent.

Letztere Zahl, so gering sie auch ist, lässt ahnen, dass es kaum möglich ist, in der Pflege weiteres Personal abzubauen. Zwischen 2000 und 2007 sind nämlich in den deutschen Krankenhäusern etwa 34 000 dieser Stellen abgebaut worden. Seit 2008 wurden dann aber wieder schrittweise 20 000 neue geschaffen. Dieser Anstieg relativiert sich, wenn man bedenkt, dass die Fallzahlen gestiegen sind. Sie lagen 2008 noch bei 17,5 Millionen Patienten. Im vorigen Jahr wurden dann mehr als 19 Millionen Menschen stationär behandelt.

Eine stetige Zunahme seit der Jahrtausendwende gibt es hingegen bei der Zahl der Vollkräfte im ärztlichen Dienst. Damals waren es knapp 109 000 Mediziner, heute sind es fast ein Drittel mehr. Die wachsende Zahl der Ärzte muss finanziert werden, ebenso die Gehaltssteigerungen. Nach einem Vergütungsreport des Consultingunternehmens Kienbaum wuchs die Vergütung aller Ärzte in Krankenhäusern von 2013 auf 2014 um 2,9 Prozent.

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