Frei und unfriedlich
Uwe Kalbe über den Vorschlag, die Wehrpflicht wiedereinzuführen
Es hatte seinen Zweck, die Wehrpflicht abzuschaffen, pardon, auszusetzen. Freiwillige unterwerfen sich, anders als Zwangsverpflichtete, sehenden Auges und also ohne prinzipiellen Widerstand den neu definierten, über Landesverteidigung längst hinausreichenden Aufgaben der Bundeswehr, internationale Interventionen eingeschlossen. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht brächte unweigerlich die alten Debatten vor ihrer Abschaffung zurück - die über Zwangsdienst und Wehrdienstverweigerung eingeschlossen. Schon das dürfte ein Grund für die Weißbuchverantwortlichen der Bundesrepublik sein, die Finger davon zu lassen.
Doch es gibt auch ein rechtliches Problem. Der alte gesellschaftliche Deal, mit dem störrischen, für den Krieg unbrauchbaren Rest der Wehrpflichtigen wichtige staatliche Aufgaben sozialer Fürsorge kostengünstig zu bewältigen, kann nicht ohne Weiteres von der Militärdienstpflicht getrennt werden. Eine Verpflichtung allein zum sozialen oder auch allein zum Zivilschutz müsste Hürden überwinden - zum Beispiel die der Gleichbehandlung. Soldaten müssten von diesem Dienst dann wohl freigestellt werden, aber dürften sie es? Eine Rekrutierung im Katastrophenfall ist rechtlich schon jetzt möglich, sie bringt nur nicht viel ohne Strukturen und Übung. Deshalb dürfte alles bleiben wie es ist: wehrdienstfrei, aber unfriedlich.
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