Rechte im Nordosten orientieren sich um

AfD lässt Kandidaten mit rechtsradikaler Vergangenheit antreten / Partei würde NPD im Parlament nicht weiter ausgrenzen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Bisher hat die AfD-Spitze immer darauf bestanden, dass zwischen ihrer Partei und Rechtsradikalen eine klare Trennlinie bestehe. Eine Zusammenarbeit mit der NPD? Unvorstellbar und ausgeschlossen – hieß es nach offizieller Lesart. Doch ausgerechnet der als gemäßigt geltende Ko-Vorsitzende Jörg Meuthen erklärte nun im »Mannheimer Morgen«, dass sich im Fall eines Wiedereinzugs der NPD in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern eine künftige AfD-Fraktion auch mit den Anträgen der Rechtsradikalen beschäftigen würde. »Wenn die NPD vernünftige Vorschläge macht, würden wir genauso wenig gegen sie stimmen, wie wenn das bei den Linken der Fall wäre«, so Meuthen. Die Äußerung ist auch als Rückendeckung für den AfD-Spitzenkandidaten im Nordosten, Leif-Erik Holm, zu verstehen, der am Mittwoch in ähnlicher Weise erklärte, den sogenannten Schweriner Weg zu verlassen, wonach bisher alle Fraktionen geschlossen gegen Anträge der NPD votieren. Als Angebot einer Zusammenarbeit mit den Rechtsradikalen will Holm das Ausscheren aus dem Konsens der Demokraten nicht verstanden wissen. Schließlich sei die NPD eine »extremistische Partei«.

Allen Beteuerungen zum Trotz pflegen Mitglieder der Rechtspartei laut Recherchen des NDR und der »Süddeutschen Zeitung« Kontakte zur rechtsradikalen Szene im Nordosten. Aufhorchen lässt unter anderem ein Treffen auf Schloss Jessenitz bei Lübtheen, eine Autostunde südlich von der Landeshauptstadt gelegen, zu dem der Gutsbesitzer Philip Steinbeck neben AfD-Vertretern auch potenzielle finanzielle Förderer der Rechtspartei am 11. Juni geladen hatte. Schon der Gastgeber ist kein unbeschriebenes Blatt: Steinbeck war zu Studentenzeiten Mitglied einer als ultrarechts eingestuften Burschenschaft und arbeitete in den 1990ern für die Landtagsfraktion der rechtsradikalen Organisation »Deutsche Liga für Volk und Heimat« in Schleswig-Holstein. Nach Recherchen der Journalistin Andrea Röpke hielt der Unternehmer auch Kontakt zur NPD. So soll er unter anderem im Jahr 2007 auf einer Gedenkveranstaltung in Hamburg zu Ehren des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß gesehen worden sein. Mit dabei: Der zwei Jahre später verstorbene NPD-Politiker Jürgen Rieger.

Auch mit noch lebenden Größen in der rechtsradikalen Szene wird Steinbeck in Verbindung gebracht: Der Gutsbesitzer verkaufte dem NPD-Politiker und heutigen Fraktionschef Udo Pastörs 2002 Anteile an einer Firma, beide sollen sich laut des Blogs »Endstation Rechts« im Jahr 2008 im Schweriner Landtag getroffen haben. Kontakte zur NPD bestreitet er allerdings vehement: »Das wird fälschlicherweise behauptet«, hatte er im Juni dem Radiosender NDR 1 gesagt.

Inzwischen konzentriert sich Steinbeck ohnehin auf die AfD, die bei der Wahl am Sonntag laut letzten Umfragen mit einem Ergebnis von über 20 Prozent rechnen kann. In ihren Reihen treten Kandidaten an, die von einer Abgrenzung gegenüber Neonazis in der Vergangenheit nichts wissen wollten. So ließ sich auf dem Treffen auf Schloss Jessenitz auch das frühere CDU-Mitglied und heutige AfD-Direktkandidat Jens-Holger Schneider blicken. Durch verschiedene antifaschistische Projekte sind NPD-Kundgebungen, etwa in Neubrandenburg, dokumentiert, an denen Schneider teilnahm. 2015 marschierte er beim rechten Projekt »Deutschland wehrt sich« in Wismar mit.

Teil der Kandidatenlisten auf Platz drei ist auch der Ex-AfD-Landeschef und wegen Volksverhetzung verurteilte Holger Arppe, der für eine Zusammenarbeit der Rechtspartei mit der völkisch-nationalistischen Identitätren Bewegung plädiert. Chancen auf ein Mandat besitzt auch der Jurist Sascha Jung auf Listenplatz 23. Wie die »Süddeutsche« berichtet, durfte der Anwalt 2005 nicht in den bayerischen Staatsdienst eintreten, da er Mitglied einer vom Verfassungsschutz als rechtsradikal eingestuften Burschenschaft ist.

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