Saubermann Morales hat ein Imageproblem

Guatemalas Präsident kommt durch Korruptionsvorwürfe gegen engste Verwandte und Parteifreunde in Not

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.

Bekannt ist das Restaurant Fulanos & Mengano für Spezialitäten vom Grill, das üppige Salatbüfett und den aufmerksamen Service. Doch seit dem 13. September ist die Gaststätte in der Zona 11 von Guatemala-Stadt in den Schlagzeilen, weil Samuel Morales und dessen Neffe José Manuel Morales Marroquín fingierte Rechnungen des Restaurants vorgelegt haben. Das hat in Guatemala einige Tragweite, denn Samuel Morales heißt der Bruder und José Manuel Morales Marroquín der Sohn von Präsident Jimmy Morales. Zudem ist der Betreiber des Restaurants, Gilmar Othmar Sánchez Herrera, einer der Finanziers der Partei des Präsidenten, der »Front der nationalen Annäherung« (FCN). Die FCN ist einer von pensionierten Militärs gegründete erzkonservative Partei. Gegen mehrere Mitglieder wird wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bürgerkrieg (1960-1996) ermittelt.

Die FCN habe sich im vergangenen Präsidentschaftswahlkampf mit Jimmy Morales einfach nur eine saubere Galionsfigur zugelegt, monieren Kritiker. Doch das Image des Fernsehmoderaters und Komikers, der mit der Serie Moralejas, an der Seite seines Bruders Samuel bekannt wurde, hat Risse erhalten. Im Januar musste er seine rechte Hand, den designierten Innenminister Édgar Ovalle Maldonado, ins zweite Glied versetzen, weil gegen den Ex-Militär im Rahmen des Creompaz-Prozesses wegen gewaltsamen Verschwindenlassens ermittelt wird. Nun darf er erklären, weshalb sich sein Sohn und sein Bruder wegen Korruption verantworten müssen. Für den Präsidenten, der im Wahlkampf mit dem Slogan Ni corrupto, ni ladrón (»Weder korrupt noch ein Dieb«) punktete, alles andere als einfach.

In einem zweiminütigen Video bekräftigt Morales nun, dass er gemeinsam mit seiner Frau den Sohn unterstützen werde und der Ehrenhaftigkeit seines Bruders vertraue. Morales verwies an der Seite seiner Gattin Patricia Marroquín darauf, dass seine beiden Verwandten ihre Aussage gemacht hätten. Er vertraue jetzt der Justiz des Landes. Die war bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der UN-Kommission gegen die Straflosigkeit (CICIG) auf dubiose Rechnungen gestoßen. Demnach sind Leistungen des Restaurants Fulanos & Mengano in Rechnung gestellt worden, die es gar nicht erbracht hat, die aber José Manuel Morales Marroquín steuerlich geltend gemacht hat.

»Im Kontext der latenten Enttäuschung über die Nicht-Regierung von Jimmy Morales und der Indizien, dass sich hinter Vizepräsident Ernesto Jafeth Cabrera mafiöse Organisationen gruppieren, sorgt der Fall für viel Wirbel in den sozialen Netzwerken«, erklärt Claudia Samayoa, Direktorin der Menschenrechtsorganisation UDEFEGUA. Jafeth Cabrera, Arzt, Unternehmer und ehemaliger Rektor der staatlichen Universität San Carlos, gilt als korrupt, und ähnlich wie sein Parteifreund Jimmy Morales hat er mehrere Familienangehörige im Staatsdienst untergebracht.

Das sorge in Guatemala nicht nur für Ernüchterung, sondern auch für das Erstarken von militärisch-konservativen Kreise, die mit der FCN konkurrieren, so Samayoa, »Sie greifen die Regierung an, machen aber auch Stimmung gegen das Justizministerium und die UN-Kommission gegen die Straflosigkeit. Sie würden die CICIG lieber heute als morgen des Landes verweisen, um Guatemala unter ihre Kontrolle zu bekommen.« Dagegen wehrt sich das Justizministerium nach Kräften, und anders als früher gibt es derzeit noch Unterstützung aus den USA.

Morales' Vorgänger Otto Pérez Molina war im vergangenen Jahr über einen Korruptionsskandal gestolpert. Gemeinsam mit seiner Vizepräsidentin Roxana Baldetti soll er ein illegales Netzwerk geführt und Millionenbeträge im Zollwesen unterschlagen haben. In diesem und anderen Fällen wird gegen hochrangige Beamte und Politiker ermittelt; Dutzende Verdächtige sitzen in Haft. Die Ermittlungen wurden vor allem von der UN-Behörde CiCIG vorangetrieben.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal