NSU-Prozess: Haben Bundesanwälte Beweismittel vernichtet?

Nebenklage stellt Strafanzeige wegen Vernichtung eines Notizbuches / Sächsische LINKE fordert mehr Sitzungen des NSU-Untersuchungsausschusses

  • Lesedauer: 2 Min.

München. Im NSU-Prozess gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe haben zwei Nebenklage-Anwälte Strafantrag gegen Bundesanwälte und Ermittler des Landeskriminalamtes Berlin gestellt. Sie werfen ihnen vor, mögliche Beweismittel vernichtet zu haben. Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, einer der Verfasser der Anzeige, sagte der Deutschen Presse-Agentur, gegen die Bundesanwälte und Polizeiermittler bestehe der Verdacht der Strafvereitelung im Amt oder ein Urkundsdelikt.

Nach einem Bericht der »Welt« haben zwei Staatsanwälte der Bundesanwaltschaft die Vernichtung eines Notizbuches angeordnet, das der frühere Anführer der sächsischen »Blood & Honour«-Organisation geführt haben soll. Gegen ihn wird wegen des Verdachts ermittelt, er habe Waffen für den »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) beschafft.

Die Bundesanwälte sollen geltend gemacht haben, sie hätten die Relevanz des Notizbuchs für die Ermittlungen nicht erkannt. Sie sollen die Vernichtung am 3. November 2014 angeordnet haben. Drei Wochen davor war der »Blood & Honour«-Mann als Zeuge vor dem Münchner NSU-Prozess aufgetreten, wo er jede Aussage verweigerte.

Unterdessen kritisierte die Linkspartei, dass der NSU-Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtages sich bisher zu selten treffe. »Der Ausschuss tagt viel zu selten. Leider versperrt sich die Ausschussmehrheit noch immer einem dichteren Sitzungsrhythmus«, sagte die Abgeordnete Kerstin Köditz am Freitag in Dresden. Bislang habe es im Ausschuss 18 Zeugenbefragungen in öffentlicher Sitzung gegeben. Mit Blick auf die anstehenden Themenkomplexe sei das zu wenig. Am kommenden Montag soll die Zwickauer Oberbürgermeisterin Pia Findeiß (SPD) vor dem Gremium erscheinen.

Der Ausschuss soll mögliche Versäumnisse der sächsischen Regierung und von Behörden im Umgang mit dem NSU untersuchen. Das mutmaßliche Terror-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe wird für zehn Morde verantwortlich gemacht. Dabei geht es auch um die Ereignisse ab dem 4. November 2011, als das Trio aufflog. Damals hatte Zschäpe die offenbar letzte Unterkunft des NSU - ein Wohnhaus in der Zwickauer Frühlingsstraße - in Brand gesetzt und eine Explosion ausgelöst.

Auch in der vorigen Legislaturperiode gab es schon einen NSU- Ausschuss in Sachsen. In seinem Abschlussbericht kam er mit den Stimmen von CDU und FDP - gegen den Widerstand der Opposition - zu dem Schluss, dass kein Fehlverhalten sächsischer Behörden vorliegt. Agenturen/nd

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