Mehr Strategie wagen

Für ein Mehr an Kampfkraft müssen sich die Gewerkschaften untereinander vernetzen, meint Jana Seppelt

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Diskussionen auf der Konferenz »Gemeinsam gewinnen!«, der Rosa-Luxemburg-Stiftung haben uns beflügelt. Wir nehmen die Ergebnisse aus den Workshops, den Branchen- und Vernetzungstreffen mit in die tägliche Arbeit als GewerkschaftssekretärInnen.

Klar ist schon lange: Die Zeiten der Sozialpartnerschaft sind vorbei. Wenn wir es ernst meinen mit dem Zurückdrängen neoliberaler Zumutungen und Entrechtungen der Beschäftigten, mit einer Re-Regulierung von Arbeitsbedingungen und der Erschließung strategisch wichtiger Bereiche, müssen wir uns mehr trauen, mit den KollegInnen in Konflikte zu gehen, neue Strategien entwickeln, neue Aktionsformen erfinden, wiedererlernen und anwenden - im Streik und davor.

Das wird die Gewerkschaften notwendigerweise verändern. Wir müssen Ressourcen überlegter verteilen und besser nutzen. Häufig vernachlässigen wir das Wissen unserer tausenden Aktiven und Noch-Nicht-Aktiven - um betriebliche Abläufe und Angriffspunkte ihrer Arbeitgeber, aber auch ihre Vorstellungen von guten Arbeitsbedingungen, guten Löhnen und dem schönen Leben. Offenes Reden über Strategie stärkt uns und schwächt uns nicht - auch in der Mitgliedergewinnung. Unsere Mitglieder erwarten von uns eine demokratische Kultur und Ehrlichkeit. Tarifabschlüsse, die nicht schön sind, müssen nicht schön geredet werden.

Auch das Erfahrungswissen aus gewonnenen und verlorenen Arbeitskämpfen ist eine wichtige Ressource, die oft zu wenig genutzt wird. Es war auf der Konferenz immer wieder Thema, dass es an Austausch innerhalb von Branchen, aber auch gewerkschaftsübergreifend, fehlt - sei es über Notdienstvereinbarungen in Krankenhäusern, die Organisierung von Angestellten im Metallbereich oder die Bekämpfung von prekärer Arbeit und Niedriglohn.

Es geht um Konfliktorientierung, nicht um blinde Offensiven. Die Angriffe der Arbeitgeberseite nehmen immer dann zu, wenn wir uns auf den Weg machen, Arbeitsbedingungen zu verbessern. Nicht die Gewerkschaft alleine bestimmt, wie ein Konflikt abläuft. Zurückliegende Tarifrunden zeigen, dass auch die Arbeitgeber - privat wie staatlich - sich neu aufstellen, auf unsere Strategien reagieren, Gegenstrategien entwickeln. Wir müssen flexibel sein; vordenken, statt hinterherhinken.

Letztlich müssen wir die Arbeitskämpfe aus den Betrieben holen: Politische Auseinandersetzungen um Daseinsvorsorge, die Bekämpfung prekärer Arbeit oder um Integration kann nicht nur Aufgabe der Gewerkschaft sein, die gerade für den Bereich zuständig ist. Die Gewerkschaften müssen sich untereinander vernetzen. Dafür brauchen wir eine starke Beteiligung der Ehrenamtlichen - nicht nur Diskussionen der Hauptamtlichen.

Jana Seppelt ist Sekretärin im Bildungs- und Wissenschaftsbereich bei ver.di Berlin. Ihr Beitrag ist eine gekürzte Version eines Redebeitrags auf der Konferenz.

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