Der Bekannte und die Waschmaschine

Private Haftpflichtversicherung (Teil 1)

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Ein Bekannter wohnt in einer kleinen Genossenschaftswohnung mitten im lebendigen Hamburger Stadtteil Eimsbüttel im vierten Stock. Als Junggeselle wäscht er selber. Während seine Waschmaschine auf Hochtouren läuft, geht er schnell mal an der Ecke zum Fleischer ...

Sie ahnen es: Der Schlauch der Maschine reißt, literweise läuft Spülwasser aus, hinab durch die Wohnungsdecken bis in den Keller des Hauses. Der Schaden in den Wohnungen der Nachbarn beträgt einen fünfstelligen Betrag. Mein Bekannter hatte keine Haftpflichtversicherung. Daher muss er die Schadensumme jahrelang mühsam abstottern.

Eigentlich hatte er noch Glück. Etwa bei einem Unfall im Straßenverkehr, den man als Fußgänger verursacht, kann der Schaden in die Millionen gehen. Finanziell kann solch ein Missgeschick das Leben ruinieren. Denn jeder haftet laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) mit seinem gesamten Vermögen und mit seinem gesamten Einkommen oberhalb der Pfändungsgrenze. »Weil eine Unachtsamkeit solche verheerenden Folgen haben kann, sollte jeder eine Privathaftpflichtversicherung haben«, empfehlen Verbraucherschützer. Eine Haftpflichtversicherung gehört zu den ganz wenigen Policen, die jeder Mensch besitzen sollte.

»Insgesamt ist die Haftpflicht eine sehr günstige Versicherungsart«, beruhigt eine Verbraucherschützerin, »aber es gibt erhebliche Preisunterschiede.« Angebote beispielsweise für eine Familie mit Kindern gibt es bereits für etwa 50 Euro. Aus Sicht der Konzerne ist die Haftpflichtversicherung - wie auch die Autoversicherung - das Einstiegsmodell, um neue Kunden zu gewinnen. Namhafte Versicherer verlangen dennoch auch mal über 150 Euro pro Jahr.

Einer von drei ist leichtsinnig

Trotz der Notwendigkeit und vergleichsweise niedriger Tarife verzichtet noch immer jeder dritte Haushalt auf eine Haftpflichtversicherung. »Leichtsinnig«, klagen Fachleute. Andere Verbraucher besitzen zwar eine Police, sind aber dramatisch unterversichert - und wissen es oft selbst nicht.

Wer vor zwanzig, dreißig Jahren einmal einen Altvertrag abgeschlossen hat, wähnt sich heute oft noch bestens geschützt. Schließlich zahlt man Jahr für Jahr regelmäßig die neue Rechnung der Versicherungsgesellschaft.

Ein möglicherweise teurer Irrtum, denn in alten Verträgen sind oft nur Schäden bis zu einer Million D-Mark(!) festgeschrieben. Im Ernstfall kann dies in der Euro-Ära viel zu wenig sein. Die Folge: Sie bleiben trotz gültiger Versicherungspolice auf einem Großteil des Schadens sitzen und blechen selber.

Die sogenannte Versicherungssumme sollte so hoch wie irgend möglich sein. Selbst eine Million Euro (!) gilt heute als zu niedrig. Drei Millionen sollten es mindestens sein. Fünf Millionen Euro Versicherungssumme sind inzwischen ein Standard, den ich empfehle. Viele Versicherer bieten sogar Verträge über zehn Millionen und mehr an - für einen Preisaufschlag.

Kinder im Vertrag der Eltern

Wie bei jedem Versicherungsvertrag lohnt ein Blick ins Kleingedruckte. Nicht selbstverständlich ist beispielsweise der Schutz bei Auslandsreisen. Wählen Sie daher einen Vertrag, der im Alltag wie im Urlaub gut schützt.

Kinder sind im Vertrag der Eltern mitversichert. Doch nicht in jedem Fall: Kinder unter sieben Jahren haften überhaupt nicht. Im Straßenverkehr gilt das sogar bis zum Alter von zehn Jahren. Kinder sind »nicht deliktfähig«, so das BGB. Das heißt, es gibt für einen Schaden rechtlich keinen Schuldigen. Das kann unangenehme Folgen haben, denn die Haftpflichtversicherung muss im Schadensfall nicht zahlen. Sollten die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, haften diese.

Ein Versicherungsvertrag sollte also auch deliktunfähige Kinder schützen. Wollen Eltern - unabhängig von der Frage, ob sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben oder nicht - sich schützen, müssen sie eine Haftpflichtversicherung abschließen, die ausdrücklich deliktunfähige Kinder mitversichert.

Welchen Schutz die jeweilige Police im Detail bietet, ist von Tarif zu Tarif unterschiedlich. Schäden an geliehenen Gegenständen sind selten abgedeckt, und auch bei Nachbarschaftshilfen »aus Gefälligkeit« zahlen längst nicht alle Versicherer. Vergleichen Sie daher neben dem Preis auch die Leistung. Ob die wichtigsten Risiken abgesichert sind, kann oft schon ein Anruf bei dem Versicherer klären. Vor Vertragsabschluss.

PS zum eingangs geschilderten Fall: Eine Hausratversicherung hatte mein Bekannter auch nicht. Die kommt bei Wasserschäden für die Kosten in der eigenen Wohnung auf.

Teil 2 in der kommenden Woche: Wenn man selbst Geschädigter ist.

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