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Mit der eigenen Immobilie die Rente aufbessern
Das Eigenheim ist zwar ein Vermögen wert, lässt sich aber bei Bedarf nicht einfach zu Geld machen
Vorweg eine gute Nachricht für Eigenheimbesitzer: Mit der Verrentung einer Immobilie können Sie in der gewohnten Umgebung wohnen bleiben – und das gebundene Vermögen dennoch finanziell nutzen. In jungen Jahren kann daher das eigene Haus eine weitsichtige Geldanlage fürs Alter sein. Nicht, weil Sie später Miete sparen, sondern weil man im Rentenalter das Haus nach und nach »verzehren« kann. Heute bietet dies konkret eine Chance für Millionen Babyboomer, die Eigentümer eines Eigenheims und bereits 60 Jahre und älter sind.
Deutschlands Immobilienmarkt boomt. Für Mieter, Wohnungsbaugesellschaften und Kommunen ist das allerdings eine echte Herausforderung. Eigenheimbesitzern bietet es aber auch Chancen. Eine bislang hierzulande kaum genutzte Möglichkeit ist der »Immobilienverzehr«. Dabei verkauft der Eigentümer sein Haus und bleibt quasi als Mieter wohnen oder er bleibt Eigentümer und erhält eine Rente. Besonders in Großbritannien, Frankreich und Spanien sind solche Modelle seit Längerem populär. Vor allem für sogenannte Umkehrdarlehen – im Fachjargon »Reverse Mortgages« – gibt es in Deutschland aufgrund des beträchtlichen Immobilienvermögens bei älteren Menschen an sich ein großes Potenzial für die Immobilienrente.
Umkehrdarlehen oder Umkehrhypotheken ermöglichen es Eigentümern, ein Darlehen aufzunehmen und dieses später mit ihrer Immobilie abzuzahlen. Andere Modelle, um die eigene Immobilie zu verrenten und doch Zuhause wohnen zu bleiben, sind Leib-, Immobilien- oder Zustifterrenten. Mittels solcher Immobilienverrentung können beispielsweise einkommensschwache ältere Menschen, die ein Haus oder eine Wohnung besitzen, ihre Einkünfte oder ihre Rente deutlich aufbessern.
Die ausgezahlte Summe beträgt nach Angaben des Bundesverbandes Immobilienverrentung in Berlin durchschnittlich 42 Prozent des Verkehrswertes. »Dabei beobachten wir«, sagt ein Sprecher, »dass sich die Motive der Eigenheimbesitzer zunehmend verändern.« Stand früher oft der Wunsch nach finanzieller Flexibilität im Vordergrund, so gehe es heute vermehrt um Absicherung im Alter und Investitionen in das eigene Zuhause. Das Thema Altersarmut hat also auch die Immobilienbranche erreicht.
Während der Laufzeit des Vertrages bleibt der Darlehensnehmer typischerweise Eigentümer und auch Bewohner seiner Immobilie. Im Gegensatz zu klassischen Hypothekenkrediten werden bei Umkehrdarlehen die Zins- und Tilgungszahlungen bis zum Vertragsende gestundet. Erst nach dem Tod des Darlehensnehmers oder wenn er in ein Pflegeheim geht, wird die Rückzahlung des Darlehens aus dem Wert der Immobilie beglichen.
Ein anderes Finanzierungsmodell sieht vor, dass der Eigentümer eine Einmalzahlung, eine zeitlich befristete oder eine lebenslange Rente erhält. Doch egal, welche Variante der Immobilienverrentung Sie bevorzugen, Sie wohnen weiterhin in ihrer Immobilie.
Dass Umkehrdarlehen hierzulande ein Schattendasein fristen, hat Gründe. So sind deutsche im Unterschied zu britischen Verbrauchern kaum über das komplizierte Produkt informiert. Andere Immobilieneigentümer hegen den Wunsch, ein unbelastetes Haus zu vererben. Aber keine Sorge: Bei einer Umkehrhypothek haben die Erben ein Wahlrecht. Die Nachkommen können das Darlehen selber ablösen, die Immobilie dann behalten oder selber verkaufen. Keineswegs müssen die Erben die Erbschaft wegen Überschuldung ausschlagen.
Ob eine Umkehrhypothek für Sie persönlich ein geeignetes Produkt ist, kann man nicht einfach mit Ja oder Nein beantworten. In früheren Zeiten war diese »Leibrente« durchaus weiter verbreitet als heute. Sie ist für einen ganz bestimmten Personenkreis eine denkbare Alternative. Im Regelfall, so die Verbraucherzentralen, kommt eine Immobilienverrentung für Menschen in Frage,
- die bereits Rentner sind oder kurz vor Renteneintritt stehen,
- eine weitgehend schuldenfreie Immobilie besitzen,
- in dieser Immobilie wohnen bleiben wollen,
- keine nahe stehenden Erben haben und
- gerne mehr Liquidität haben wollen, ohne einen finanziellen Engpass überbrücken zu müssen.
Vorab sollten Sie prüfen, welche Absprachen als Alternative mit Kindern oder nahestehenden Personen möglich sind. Neben speziellen Anbietern verkaufen auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken Immobilienverrentungen. Und es gibt Stiftungen und Einrichtungen, denen Sie Ihre Wohnung oder Ihr Haus gegen eine Leibrente verkaufen können – und diese gleichzeitig einem guten Zweck zuführen.
Weitere Infos und einer Übersicht von Anbietern einer Immobilienrente finden sie auf dem gemeinnützigen Portal Immo.info im Internet. Der von den Verbraucherzentralen herausgegebene Ratgeber »Meine Immobilie verkaufen, verschenken oder vererben« hat 160 Seiten und kostet 16,90, als E-Book 13,99 Euro. Er ist im Buchhandel und im Online-Shop unter www.ratgeber-verbraucherzentrale.de oder unter 0211 / 38 09-555 erhältlich.
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