Mineralwasser wird höher besteuert als ein Kasten Pralinen

  • Lesedauer: 2 Min.
Zum 1. Januar wurde die generelle Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent angehoben. Zahlreiche Anfragen zeigen, dass Unklarheit auch beim täglichen Einkauf von Lebensmitteln besteht, berichtet Annett Reinke von der Verbraucherzentrale Brandenburg.
»Für die meisten Nahrungsmittel des täglichen Bedarfs wie Zucker und Mehl, Fleisch und Fisch, Milch und Milchprodukte, Obst und Gemüse, Brot und Backwaren wird nach wie vor der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent anfallen, erläutert die Lebensmittelrechtlerin. Ursprüngliches Ziel dieser Ermäßigung sei es vor allem gewesen, Bürger mit niedrigem Einkommen beim Kauf der notwendigen Lebensmittel zu entlasten. Eine Anhebung des ermäßigten Steuersatzes blieb deshalb bislang tabu. Bei Getränken einschließlich Alkohol wird sich der Steuersatz allerdings ändern; er klettert durchweg von bisher 16 auf 19 Prozent.
Auf Milch und Milchprodukte sind weiterhin 7 Prozent zu zahlen. Wer allerdings auf Kuhmilch allergisch reagiert und deshalb zu Sojamilch greifen muss, hat künftig 19 Prozent MwSt. zu zahlen! Auch Mineralwasser wird wie alle anderen Getränke mit 19 Prozent besteuert, während Wasser aus der Leitung bei 7 Prozent bleibt.
Ebenso wenig nachvollziehbar scheint die steuerrechtlich unterschiedliche Behandlung von Obst und Obstsäften. Ein Apfel beispielsweise wird als so genanntes Grundlebensmittel mit dem reduzierten Steuersatz versehen. Beim Verarbeiten von Äpfeln zu Apfelsaft aber geht der Mehrwertsteuervorteil im wahrsten Sinne des Wortes in der Apfelpresse verloren!
Kurioses auch beim Kaffee: Bohnen und Pulver unterliegen der siebenprozentigen Mehrwertsteuer, aufgebrühter Kaffee im Restaurant aber der 19-prozentigen. Beim Servieren von Speisen und Getränken handelt es sich nämlich um eine Dienstleistung, die zukünftig mit 19 Prozent besteuert wird. Wer allerdings sein Essen im Schnellrestaurant mit nach Hause nimmt, muss lediglich 7 Prozent zahlen. Um nicht unterschiedliche Preise auszeichnen zu müssen, nehmen viele Gastronomen eine Mischkalkulation vor.
Vor allem die steuerliche Schlechterstellung von Fruchtsäften und Mineralwässern gegenüber Genussmitteln wie Schokolade und Pralinen sieht Reinke kritisch: »Diese Jahrzehnte alten Festlegungen müssten überarbeitet werden!« Das europäische Umsatzsteuerrecht erlaube eine Ermäßigung für alkoholfreie Getränke.
Die Verbraucherschützerin weist aber darauf hin, dass Grundnahrungsmittel im Preis im nächsten Jahr klettern könnten: Die Hersteller müssen ihrerseits den erhöhten Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent produktionsbezogen für den Einsatz von Maschinen, für Energie, Verpackung und Transport zahlen. Verbraucher müssten sich wohl darauf einstellen, dass diese Kosten zu ihren Lasten umgelegt werden.

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -