Tappte Philip Craven in eine Telefonfalle?

Der Paralympics-Chef soll in fingiertem Anruf über den IOC-Boss gelästert haben

Im russischen Fernsehen müht man sich nach Kräften, dem heimischen Publikum die Feindseligkeiten aus aller Welt vor Augen zu führen. Vor allem im Sport: Das systematische Doping, das der McLaren-Report kurz vor Olympia 2016 zutage förderte, wird in den Staatsmedien noch immer bestritten. Vor allem der pauschale Ausschluss der Mannschaft für die Paralympischen Spiele wird als Akt politischer Willkür dargestellt.

Genau einen Tag vor dem Olympiagipfel zum Thema Antidoping, der am Samstag in Lausanne abgehalten wurde, zeigte der Fernsehsender NTW am Freitag in seiner Sendung Swonok (deutsch: Anruf) einen fingierten Anruf, bei dem der Komiker Wowan angeblich dem Chef des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), Philip Craven, vorgaukelt, am Telefon sei Edwin Moses, Ex-Hürdenläufer und seit 2012 Chef der nationalen US-Antidoping-Agentur USADA.

In der sogenannten Prank-Show namens Swonok werden Prominenten böse Streiche gespielt. Die Swonok-Komiker narrten unter anderem schon jemanden, der wie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan klang oder angeblich auch den Kiewer Bürgermeister Wladimir Klitschko. Auf jeden Fall sind es oft Leute, die auch dem Kreml nur wenig genehm sind.

Ob es sich bei dem am Freitag Angerufenen wirklich um Craven handelt, ist nicht offiziell bestätigt worden, zumindest gibt es kein Dementi des IPC.

Was jener Mensch sagt, dessen Stimme so klingt wie die des britischen IPC-Präsidenten, dürfte die Verhandlungen am Samstag mit dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, nicht eben erleichtert haben. Der Angerufene verrät dem falschen Moses, viele IOC-Mitglieder hätten Angst vor Bach. Aber: Bach sei in Not. Der Deutsche an der Spitze des IOC werde seinen Tenor in Sachen Antidoping bald ändern müssen: »Die öffentliche Meinung auf der ganzen Welt ist gegen ihn, besonders in Deutschland. Deutschland kann ihn nicht ausstehen. Angela Merkel kann ihn nicht ausstehen.«

In Russland wird nach dem fingierten Telefonat empört festgestellt, dass der vermeintliche Craven dem drängenden, falschen Edwin Moses verspricht Russland besonders streng heranzunehmen: »Sie werden nicht zugelassen, bis sie beweisen, dass sie eine saubere Nation sind. Nicht saubere Sportler, sondern eine saubere Nation!«

Bach und Craven sind zerstritten. Der echte Philip Craven hatte im Juli den Ausschluss aller russischen Athleten von den Paralympics in Rio durchgesetzt. IOC-Chef Thomas Bach, der viel vorsichtiger mit Russland umgegangen war, hatte daraufhin bei der Eröffnungsfeier der Paralympics demonstrativ gefehlt. Das IOC verweigerte eine Stellungnahme zu der russischen TV-Sendung.

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