Herero und Nama sitzen nicht am Tisch
Deutschland verhandelt mit Namibia ohne Opfervertreter
Wenn es nach der Bundesregierung geht, sind die Verhandlungen über die Aufarbeitung und Aussöhnung des Völkermords der deutschen Kolonialtruppen (1904-1908) an den Volksgruppen der Herero und Nama in der Endphase. Die deutschen Kolonialtruppen schlugen Aufstände der Herero und Nama blutig nieder. Zehntausende Menschen aus beiden Volksgruppen starben, bei den Herero waren es fast 80 Prozent der Bevölkerung. Am Freitag machten Opferverbände der Herero und Nama im Berliner Reichstag deutlich, dass die von der Bundesregierung geplante schnelle Einigung nicht zu Frieden und Versöhnung führen wird.
»Alles, was über uns - aber ohne uns - entschieden wird, ist notwendigerweise gegen uns«, erklärte der Herero Chief Vekuii Rukoro. Die Bundesregierung verhandelt mit der namibischen Regierung. »Aber in der zuständigen Kommission sind keine Vertreter der Nachfahren der Gruppen vertreten, die damals die Opfer des Völkermords waren«, betont die Vorsitzende des Komitees zum Völkermord der Nama, Ida Hofmann. Sie forderte eine Entschädigung, die den Nachfahren der Opfer zugutekommt und nicht, wie von der Bundesregierung geplant, vor allem den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands nützen soll. Dabei betonte sie, dass es sich bei der Entschädigung nicht nur um ein politisches, sondern um ein moralisches Problem handelt.
Die Vorsitzende des Komitees zum Völkermord an den Herero Esther Muinijangue forderte, dass Deutschland sämtliche Artefakte zurückgeben muss, die geraubt worden sind. Dabei handele es sich nicht nur um Skelette, sondern auch um künstlerische Artefakte, die in deutschen Museen zu finden sind. »Es gibt keine Amnestie für die Verbrechen der deutschen Kolonisten«, betonte auch der Nama-Chief Moses Kooper. Am Ende der Pressekonferenz erhob sich die rund 40-köpfige Delegation, viele in ihren traditionellen Kostümen und Uniformen und stimmte einen kämpferischen Protestsong an.
Die Linksfraktion im Bundestag, die die Herero- und Nama-Vertreter eingeladen hatte, fordert eine Resolution des Bundestags, »der den Völkermord als solchen anerkennt, die Nachfahren der Betroffenen um Entschuldigung und Vergebung bittet und der Bundesregierung ein klar umrissenes Verhandlungsmandat mit klaren Zielvorgaben erteilt«. Es könne nicht sein, dass der Beschluss anschließend vom Bundestag nur abgenickt werde, sagte Niema Movassat, Obmann der Fraktion im Entwicklungsausschuss.
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