Teure Trost-Posten für Ehemalige

SPD und CDU im Nordosten versorgen Ex-Abgeordnete mit gut bezahlten neuen Ämtern

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Schon die Installation des als »Kümmerers« für Vorpommern gekürten Parlamentarischen Staatssekretärs Patrick Dahlemann (SPD) hatte hier und da im Nordosten für Stirnrunzeln gesorgt. Zum einen bei Kritikern, die vor den Kosten einer solchen Institution warnten, zum anderen aber auch bei Kommunalpolitikern, die lieber den direkten Draht zum Ministerpräsidenten und zu den Ministern nutzen möchten, wenn es um Sorgen in der Region geht - und nicht den Umweg über einen Staatssekretär.

Diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die Folgekosten für Dahlemanns Amt befürchteten, sehen sich bestätigt, denn: Der »Kümmerer« bekommt einen Stellvertreter, den ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten Bernd Schubert. Bei der Wahl zum Landesparlament am 4. September hatte er den Wiedereinzug ins Plenum nicht geschafft, ein Gegenkandidat der AfD hatte sich das Direktmandat im Wahlkreis Vorpommern-Greifswald geschnappt. Das sei »eine sehr bittere Niederlage«, klagte der Unionsmann danach im Magazin »Focus«.

Aber die rot-schwarze Landesregierung in Schwerin spendet reichlich Trost - in Form eines finanziell gut gepolsterten Sessels. Schubert darf sich als Stellvertreter Patrick Dahlemanns über ein sattes Monatssalär von runden 8000 Euro brutto freuen.

Doch damit nicht genug, was des »Kümmerers« Zusatzkosten betrifft: In seinem Büro in Anklam sollen drei weitere Beschäftigte arbeiten. Das verursache Personalkosten von rund 220 000 Euro pro Jahr, weiß der NDR. Ihm liegt ein Papier aus dem Finanzministerium vor, das besagt: Die Ausgaben für neue Posten, geschaffen von Rot-Schwarz nach der Wahl, summieren sich auf jährlich rund 1,1 Million Euro.

Darin enthalten sind auch die Bezüge für die erstmals eingesetzte Integrationsbeauftragte. Diesen Posten bescherte die Regierung der ehemaligen SPD-Abgeordneten Dagmar Kaselitz. Auch sie war im September nicht wieder ins Landesparlament gewählt worden. Das gleiche Schicksal hatte den CDU-Mann Andreas Texter ereilt. Er unterlag im Wahlkreis Uecker-Randow dem SPD-Kandidaten Patrick Dahlemann. Doch auch Texter bleibt nicht ohne Trostpflaster, er ist nun stellvertretender Regierungssprecher. Und noch ein Posten hat Premiere: der des Gesundheitsbeauftragten. Das wird Professor Wolfgang Hoffmann von der Universität Greifswald.

All die neuen Stellen, so heißt es sinngemäß in dem Schriftstück aus dem Finanzministerium in Schwerin, verursachten am Ende keine zusätzlichen Ausgaben. Denn der finanzielle Ausgleich erfolge durch das Nichtbesetzen offener Stellen. Welche das sind, will nun die finanzpolitische Sprecherin der LINKEN, Jeannine Rösler, genau wissen. Womöglich wird das Finanzminister Matthias Brodkorb (SPD) am Donnerstag in der Sitzung des Finanzausschusses erläutern.

Herbe Kritik an der Personalpolitik von SPD und CDU hat indes die Vorsitzende der Linksfraktion, Simone Oldenburg, geübt. »Es ist an Unverfrorenheit nicht zu überbieten, wie die neue, alte Landesregierung Spitzenposten schafft und ehemaligen Abgeordneten aus ihren Reihen zuschanzt«, sagte sie gegenüber »nd«. Das sei eine Versorgungsmentalität, die ihresgleichen suche. »Neue Ämter, zum Teil ohne nennenswerte Aufgaben, belasten die Steuerzahler und bringen das Land keinen Schritt weiter.« Mit den jährlich veranschlagten Ausgaben von über einer Million Euro könnten beispielsweise 25 Stellen für Schulsozialarbeiter finanziert werden, schlägt die Abgeordnete vor.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal