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Schüler erteilen Pharmamanager eine Lektion

In Australien bauten Elftklässler eine Pille preisgünstig nach, für die der Rechteinhaber Mondpreise verlangt

  • Lesedauer: 3 Min.

Martin Shkreli gilt derzeit als einer der meist gehassten Männer des Internets. An seinem schlechten Ruf ist der 33-jährige US-Amerikaner nicht ganz unschuldig. Denn als der Pharma- und Hedgefondsmanager im Jahr 2015 die Rechte an dem Arzneimittel Daraprim kaufte, nutzte er seine damit einhergehende Monopolstellung und schraubte den Preis um 5000 Prozent in die Höhe. Statt 13,50 US-Dollar verlangte er für eine Pille plötzlich 750 Dollar. Daraprim ist ein wichtiges Medikament in der Behandlung von Malaria und bekämpft Toxoplasmose-Infektionen, die vor allem für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, wie HIV-Patienten, gefährlich sind.

Die exorbitante Preiserhöhung nahm ihm nicht nur Hillary Clinton übel, die ihn öffentlich auf dem Kurznachrichtendienst Twitter anprangerte. Auch der US-Kongress bestellte ihn im Februar dieses Jahres vor. Shkreli reagierte verachtend auf die Kritik der Politiker. Als Aufnahmen seines grinsenden Gesichts während der Anhörung um die Welt ging, brachte ihm das keine Sympathien ein.

Mittlerweile lachen andere, seit ihn Schüler der australischen Jungenschule Sydney Grammar School bloßgestellt haben. Auch sie waren über die Gier des Pharmavermarkters entsetzt, der seine Aktion branchenüblich damit rechtfertigte, Gewinne wieder in die Forschung investieren zu wollen. »Er versuchte ganz klar, etwas zu rechtfertigen, das von einem Drang nach Profit getrieben war«, sagte der Schüler James Wood der Tageszeitung »Sydney Morning Herald«.

Zusammen mit ihrer Chemielehrerin beschlossen die Elftklässler, Daraprim nachzubauen. Über Monate tüftelten sie, bis sie schließlich erfolgreich waren. Dies sei ein »Gefühl der Ekstase und der absoluten Freude« gewesen, wie ein 17-jähriger Schüler berichtete. Die Kosten für ihre Produktion beziffern sie auf 20 Dollar pro Pille.

Als australische Medien über das Schulprojekt berichteten, konnten Nutzer von sozialen Netzwerken es sich nicht verkneifen, auch Shkreli zu informieren. Dessen Reaktion erstaunte Schüler und Internetgemeinde. Denn obwohl der Pharmamanager zu Anfang noch twitterte, die Jugendlichen seien keine Konkurrenz für ihn und dass das Nachbauen eines Medikaments »einfach« sei, muss sich Shkreli die Sache doch mehr zu Herzen genommen haben, als er zugeben wollte. Es folgte nämlich eine Tirade scheinbar wahlloser Tweets: »Ich sollte Highschoolschüler anheuern, um meine Medikamente herzustellen«, »Die dummen Journalisten wollen nur eine Wohlfühlgeschichte«, »Arbeiten die Lehrer, die ihnen gesagt haben, was sie tun sollen, für umsonst?« und »Ich bin ein erwachsener Kerl und will den Kindern sagen, dass es fünf Jahre und fünf Millionen Dollar bis zu einer Medikamentenzulassung kostet.« All das hörte sich nach angekratztem Ego an, was auch andere Twitternutzer herausstellten: »Du regst dich ganz schön darüber auf. Reg dich wieder ab«, hieß es in einem Kommentar.

Irgendwann scheint dies dem Manager, der Ende 2015 von den US-Bundesbehörden wegen Verdachts auf Betrug verhaftet und nur gegen Kaution freigelassen wurde, auch gelungen zu sein. Am Freitag lud er ein Video auf der Onlineplattform Youtube hoch, in dem er die Schüler lobte, aber auch seine eigenen Erfolge aufzählte. Sie seien der »Beweis, dass die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts Probleme des menschlichen Leidens durch Wissenschaft und Technologie« lösen werde, so Shkreli. »Wir sollten diesen Schülern für ihr Interesses an der Chemie gratulieren und mit Begeisterung darauf schauen, was in dem auf Wissenschaft fokussierten 21. Jahrhundert auf uns zukommt.«

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