Den Zugeständnissen folgt die Zustimmung

Der DOSB beschließt die Leistungssportreform mit großer Mehrheit, obwohl viele damit unzufrieden sind

  • Lesedauer: 3 Min.

Überall auf der Welt versuchen Politiker seit einiger Zeit, Donald Trumps Erfolgsstrategie zu kopieren: ein düsteres Bild der Zustände malen und niemals eigene Fehler eingestehen. Jetzt hält sie sogar Einzug in den deutschen Sport. Auch der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, tat gemeinsam mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière in den vergangenen Monaten so, als ob der deutsche Spitzensport im Sterben läge, sollte der Patient nicht sofort mit ihrer Reform reanimiert werden. Und die sei so gut und alternativlos, dass man sich für Kommunikationsfehler oder gar Verdrehungen der Wahrheit nicht rechtfertigen müsse.

Am Samstag votierten die 439 Mitglieder des DOSB in Magdeburg bei nur einer Gegenstimme und fünf Enthaltungen für die Leistungssportreform. »98,6 sind genau die Steilvorlage und der Rückenwind, den wir benötigen«, interpretierte Hörmann erneut vorbehaltlose Rückendeckung in Zahlen, obwohl er eigentlich unter Beschuss steht. Hörmann hatte Tage zuvor schon einmal die Athleten mit dem Zitat einer fragwürdigen Umfrage für sich eingenommen, obwohl diese stets kritisiert hatten, bei der Ausformulierung der Reform übergangen worden zu sein.

Hörmann hatte sich auch auf anderen Feldern Fehltritte geleistet, doch auf eine Entschuldigung warteten die Delegierten in Magdeburg vergebens. Im Gegenteil forderte Hörmann von ihnen, »Fehler zuzulassen und zu akzeptieren«. Dass seine Reform, mit der einzelne Verbände spätestens ab 2019 anhand künftiger Erfolgspotenziale anstatt vergangener Leistungen gefördert werden, dabei aber nicht von der Medaillenfixierung ablässt, dennoch mit so großer Mehrheit angenommen wurde, ging auf letzte kleine Veränderungen an der Beschlussvorlage zurück.

So war noch die Einbindung der Athletenvertreter in die Strukturgespräche aufgenommen worden. Dort vereinbaren DOSB und Spitzenverbände unter Einbeziehung der politischen Geldgeber auf Grundlage der zuvor klassifizierten Potenziale die Zielvereinbarungen für die kommenden olympischen Zyklen. Darauf basieren dann die finanziellen Fördervorschläge. Auch wurde festgehalten, dass das Gesamtkonzept »einer Fortschreibung der Inhalte sowie einer Weiterentwicklung und Spezifizierung der Maßnahmen bedarf«. Hier setzten sich die Kritiker durch, die im vorgelegten Entwurf noch zu viele Lücken befürchteten. Vor allem das befürchtete Potenzialanalysesystem scheint vielen noch unausgereift.

Das Problem ist, dass auch die Politik - obwohl maßgeblich am Konzept beteiligt - selbst erst mal sehen will, ob es sich bewährt, bevor der Sport mehr Geld bekommt. »Wenn das Konzept fertig ist, werde ich mich dafür einsetzen, dass der Sportetat substanziell und dauerhaft erhöht wird«, sagte de Maizière in einer Videobotschaft. Und sein Staatssekretär Hans-Georg Engelke ergänzte vor Ort: »Gebt uns eine berechenbare Grundlage, damit wir das nachvollziehen können. Wir sind dem Steuerzahler verpflichtet.«

2017 und 2018 dienen zunächst einmal als Übergangs- und Testjahre, weshalb die von den Verbänden angeblich eingeforderten Mehrausgaben von 55 Millionen Euro noch eine Weile auf sich warten lassen müssen. »Der Innenminister ist nicht jemand, der mit einem Sack Geld herumläuft und das nach Belieben verteilen kann«, reagierte Engelke auf die Finanzwünsche. Man werde sich genau anschauen, inwieweit die Reform wirklich unterfinanziert sei.

Und so prognostizierte Hörmann »viele weitere, spannende Diskussionen«, aber auch viel »Widerstand und Gegenwind«. Es werde eine Phase kommen, »die nichts mit Schönwettersegeln zu tun hat, wir werden auf rauer See unterwegs sein«. Das klang dann schon wieder nach ziemlich düsterer Welt.

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