Bauwirtschaft verzeichnet Umsatzplus

Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg zieht auf seiner Jahrespressekonferenz Bilanz

  • Tim Zülch
  • Lesedauer: 3 Min.

»Kennen Sie Deutschland? Im Süden die Berge im Norden das Meer und dazwischen? Teer!« So beschreibt Marc-Uwe Kling in »Die Kanguru- Chroniken« unser Land. Den Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg würde solch eine Realität wohl freuen.

Doch bereits jetzt frohlockt der Verband, wenn er das Jahr 2016 Revue passieren lässt. Vor allem der forcierte Neubau und die Sanierung von Wohnungen sorgten in diesem Jahr voraussichtlich für ein Umsatzplus von 11,3 Prozent in der Bauwirtschaft sowie für insgesamt gute Zukunftsaussichten der Branche. Dies sagte der Verband auf seiner Jahrespressekonferenz am Donnerstag. Während 2015 nur drei Milliarden Euro auf Berliner Baustellen umgesetzt wurden, werden es dieses Jahr bereits knapp 3,5 Milliarden Euro sein.

Mit einer Steigerung von gut 27 Prozent steche der private Wohnungsbau in der Statistik hervor, sagte Vizepräsident Wolfgang Frey. Nach wie vor sei der Bedarf nach Wohnraum groß. 50 000 Menschen, die dieses Jahr in die Hauptstadt gezogen seien, müssten schließlich irgendwo wohnen. Dass sich der Trend fortsetzt, zeigen auch die vermehrten Baugenehmigungen in Berlin und Brandenburg. Ein Sorgenkind hingegen sei der Wirtschaftsbau mit einem Minus von 2,3 Prozent.

Marcus Becker, Präsident des Bauindustrieverbandes, freute sich, dass auch die gerade vereidigte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) zur Pressekonferenz erschienen war. Diese erklärte, dass Wohnen das Topthema ihrer Amtszeit werde. Ihr gehe es darum, schnell, gut und preiswert zu bauen. Lompscher sprach sich aber auch dafür aus, Bürger bei Bauvorhaben zu beteiligen und nicht der Effektivität zu opfern. »Die Leute lassen sich ihr Recht ohnehin nicht nehmen, und das ist gut so«, sagt sie. Wenn man frühzeitig, eventuell mit Alternativkonzepten, auf die Bürger zugehe, »gehe es im Endeffekt sogar schneller.« Becker problematisierte hingegen, dass jeder wolle, dass gebaut werde, aber nicht vor der eigenen Haustür. Er habe dafür zwar Verständnis, weil Bauen laut sei und störe, aber wenn er sich das gerade fertiggestellte neue Bettenhaus der Charité anschaue, müsse er sagen: »Das ist schon auch cool.«

Als es um die Beschäftigungssituation geht, zeigen sich auf Beckers Stirn allerdings Sorgenfalten. Der Arbeitsmarkt für qualifizierte Arbeiter sei praktisch leer gefegt, sagt er. Während es in Berlin gerade noch ausreichend Arbeitskräfte gebe, seien Facharbeiter in Brandenburg mittlerweile sehr schwer zu bekommen. Zwar würden dieses Jahr 1,4 Prozent mehr Azubis ausgebildet. Dass das nicht reichen wird, lasse sich jedoch an drei Fingern abzählen.

Dass Geflüchtete die Lücke auf dem Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit schließen können, glaubt der Bauindustrieverband nicht. In der Regel dauere es vier bis fünf Jahre, bis die Menschen eine Ausbildung absolviert und Deutsch gelernt hätten, sagt Becker. Momentan bilde der Verband selbst sechs Flüchtlinge aus, die allerdings bereits 2013 nach Deutschland gekommen seien.

Aus dem Mangel an Fachkräften zieht Becker den Schluss, dass der Mindestlohn in der Baubranche für Azubis temporär und als Ausnahme ausgesetzt werden müsse. Viele Betriebe seien nicht bereit, 11,30 Euro Stundenlohn zu bezahlen. Für Arbeiter, die teilweise nicht einmal Deutsch könnten, ergänzt Vizepräsident Frey. Becker sagt: Das seien jetzt aber sehr ungefilterte Aussagen.

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