Zschäpe laut Medienbericht für voll schuldfähig befunden
Gutachten sehe keine krankhafte Störung bei der Hauptangeklagten im NSU-Prozess
Frankfurt am Main. Der psychiatrische Sachverständige im NSU-Prozess hat die Hauptangeklagte Beate Zschäpe einem Bericht zufolge als voll schuldfähig beurteilt. Wie die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« (Donnerstagsausgabe) unter Berufung auf das Gutachten berichtete, kommt der psychiatrische Gutachter Henning Saß zu dem Ergebnis, dass es keine Hinweise auf Schuldunfähigkeit oder verminderte Schuldfähigkeit gebe.
Eine Persönlichkeitsstörung wollte der Psychiater demnach nicht ausschließen. Seiner Beobachtung zufolge weist die Persönlichkeit Zschäpes aber keine »so abnormen Züge« auf, dass von einer krankhaften seelischen Störung gesprochen werden könne. Stattdessen vermute Saß bei Zschäpe ein antisoziales Verhalten. Zudem sieht er bei ihr dem Bericht zufolge Anzeichen für eine Neigung zum Verdrängen, zu manipulativem Verhalten und zu egozentrischen Zügen.
Eigentlich hätte das Gutachten am Mittwoch im Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) München verlesen werden sollen. Die Anwälte Zschäpes stellten jedoch einen Befangenheitsantrag gegen die Richter. Der Pflichtverteidiger Wolfgang Stahl argumentierte, das Gericht habe einen gegen das Gutachten gerichteten Antrag mit »nicht nur den Anschein der Willkür weckenden Begründungen« abgelehnt.
Das Gericht beendete daraufhin die Sitzung, ohne über den Befangenheitsantrag zu entscheiden. Zuvor hatte die Verteidigung den psychiatrischen Gutachter Saß abgelehnt. Der Prozess wird am 10. Januar fortgesetzt.
Saß sollte in seinem Gutachten Aussagen zur Schuldfähigkeit und den möglichen Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung Zschäpes treffen. Da die 41-Jährige jedes Gespräch mit dem Psychiater ablehnte, stützte dieser sein Gutachten im Wesentlichen auf Beobachtungen aus dem Prozess.
Zschäpe ist vor dem OLG als Mittäterin der zehn rechtsextrem motivierten Morde und zwei Bombenanschläge, die dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) vorgeworfen werden, angeklagt. Die Vorlage des psychiatrischen Gutachtens sollte die Schlussphase des seit über dreieinhalb Jahren laufenden NSU-Prozesses einleiten. AFP/nd
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