Verlagssoldat

Personalie

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 2 Min.

Kai Diekmann hat als Chefredakteur der »Bild«-Zeitung »bewusst seinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung Anderer« gesucht. Das hat nicht Günther Wallraff geschrieben, sondern das Berliner Landgericht in einer Urteilsbegründung. Nun hat sich der 1964 in Ravensburg geborene »Journalist« von seiner publizistischen Langzeit-Heimat verabschiedet: Diekmann verlässt im Januar den Axel-Springer-Verlag, bei dem er seit 1985 mutmaßlich mannigfach persönlichkeitsrechtsverletzend tätig war - »auf eigenen Wunsch« und um sich »anderen Aufgaben außerhalb des Unternehmens« zu widmen.

Das Unternehmen Springer lässt nun zwar die erwartbaren Lobeshymnen verlautbaren, aber vielleicht sind die Konzernlenker doch ein bisschen froh, den vierfachen Vater loszuwerden: Unter Diekmann erlebte die ehemals größte Tages-»Zeitung« Europas (»Bild«) einen Auflagenverlust von 2,4 Millionen Exemplaren oder umgerechnet 56,4 Prozent. Über die Hälfte! Durch diese Schwächung hat der neoliberal und transatlantisch orientierte Schreibtischtäter der deutschen Medienlandschaft einen großen Dienst erwiesen. Der Konzern konnte die dramatischen Verluste finanziell wohl ausgleichen, doch viel gesellschaftlicher Einfluss ist mit der Auflage dahingeschwunden. Das war Diekmanns unfreiwilliger Beitrag zur hiesigen Meinungsvielfalt.

Der 52-Jährige war bei Springer, Deutschlands mächtigster Boulevard-Bastion, zunächst Parlamentskorrespondent von »Bild« und »Bild am Sonntag«, später stellvertretender Chefredakteur der »B.Z.«, dann »Bild«-Politikchef und Chefredakteur der »Welt am Sonntag«, bevor er 2001 die »Bild«-Chefredaktion übernahm und später zusätzlich zum Herausgeber der »Bild«-Gruppe berufen wurde. Ein wahrhaft mächtiger Medienmensch also und einer von Friede Springers treuesten Verlagssoldaten, der unter vielem anderen maßgeblich an Christian Wulffs Sturz gearbeitet hat - und wohl wie kaum ein anderer half, das Prinzip »Fake-News« zu etablieren.

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