Gute Pflegeangebote? Nicht überall!

Fragen & Antworten zum Pflegereport

  • Lesedauer: 3 Min.

Gute Pflege hängt in erster Linie von den Angehörigen ab - und dann auch vom Geldbeutel des Pflegebedürftigen. Doch in vielen Regionen Deutschlands hilft auch kein dicker Geldbeutel. Es fehlt einfach an vernünftigen Angeboten. Zu diesem Schluss kommt der Barmer GEK-Pflegereport 2016.

Gibt es ein Stadt-Land-Gefälle bei den Pflegeangeboten?

Ja, gibt es, betont der Autor des Pflegereports, Heinz Rothgang. Allerdings scheint es nicht so eindeutig wie bei der ärztlichen Versorgung. Denn bei Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten ist die Situation durchaus unterschiedlich. Eine Versorgung mit guten Pflegeheimen kann auf dem Land in schöner Umgebung durchaus angenehmer sein als in der Stadt. Interessanterweise hat gerade Schleswig-Holstein, das Land zwischen den Meeren, die höchste Zahl an Pflegeheimen. 40,5 Prozent der Pflegebedürftigen würden dort stationär betreut.

Bei Pflegediensten sei es eher so, dass sie sich - unter anderem wegen der kurzen Wege - lieber in Ballungsräumen ansiedeln. Das legen zumindest die Zahlen für Hamburg, Bremen und auch Brandenburg nahe. Hier wird der höchste Anteil an Pflegebedürftigen verzeichnet, die von ambulanten Pflegediensten betreut werden. In Brandenburg ist es vermutlich vor allem der sogenannte Speckgürtel um die Metropole Berlin, wo sich die Dienste niederlassen.

Welche Daten sind herausragend beim Regionalvergleich?

In allen Bundesländern wird im Schnitt knapp die Hälfte der Pflegebedürftigen zu Hause betreut. Die Bundesregierung will diese Quote mit ihren Pflegestärkungsgesetzen I bis III weiter ausbauen. Dafür will sie pflegende Angehörige besser unterstützen, etwa bei Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Bei der Pflege zu Hause liegt Hessen mit 53,5 Prozent vorne, gefolgt von Berlin (50,9 Prozent) und Nordrhein-Westfalen sowie Rheinland-Pfalz (jeweils 49,8). Wie gesagt: Schleswig-Holstein hat den höchsten Anteil an Pflegebedürftigen in Heimen und Brandenburg den niedrigsten.

Wie hat sich die Zahl der Pflegebedürftigen entwickelt?

Zwischen 1999 und 2013 hat sich diese Zahl regional höchst unterschiedlich entwickelt. In Schleswig-Holstein stieg sie um 8,8 Prozent von 76 000 auf 83 000 Betroffene. In Brandenburg dagegen erhöhte sie sich um 60 Prozent von 64 000 auf 103 000, in Mecklenburg-Vorpommern um 59,1 Prozent und in Thüringen um 44,2 Prozent. Im deutschen Schnitt stieg die Zahl in diesem Zeitraum um 30,3 Prozent. Dass die Steigerung in den neuen Ländern über dem Durchschnitt lag, sei vor allem auf das zunehmend hohe Durchschnittsalter in diesen Länder zurückzuführen.

Funktionieren die Pflegestützpunkt?

Die Barmer meint, Beratung und Betreuung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen könne sie besser als die Pflegestützpunkte. Nach Ansicht der Krankenkasse ist dieses Beratungssystem gescheitert. Doch man muss wohl eher sagen: Es gibt Pflegestützpunkte, die funktionieren gut, und es gibt Pflegestützpunkte die funktionieren schlecht. Genauso gibt es Pflegekassen, die sich für die Pflegebedürftigen sehr einsetzen, und es gibt Pflegekassen, die tun das nicht.

Was muss angesichts dieser regionalen Unterschiede geschehen?

Der Autor des Pflegereports, Heinz Rothgang, kommt zu dem Urteil: »Man muss Pflege kleinräumiger denken.« Man muss die Beratungs- und Unterstützungsstrukturen entsprechend anpassen. Dazu müssen die Kommunen entschieden mehr einbezogen werden.

Den Betroffenen legt er nahe, es gebe nicht nur entweder Familie oder Heim. Es gebe noch ganz viel dazwischen. Es gebe auch noch sehr viele Angebote unterhalb der professionellen Pflegedienste - etwa Nachbarschafts- oder Haushaltshilfen. Diese Angebote müssten endlich intensiver genutzt werden, sagt Rothgang. Es gelte: Wie kann ich ein Arrangement treffen, das in meiner Situation (auf dem Land oder in der Stadt) am besten hilft. Solche Überlegungen helfen dann auch bei kleinem Geldbeutel. dpa/nd

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal