Pelmeni, Banitza und Geschenke

Am heutigen Samstag feiern Berliner auch nach dem Julianischen Kalender Weihnachten

  • Samuela Nickel
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Parkplatz vor dem russischen Intermarkt »Stolitschniy« in Lichtenberg ist bereits am Freitagmorgen dicht beparkt. Im Markt herrscht reger Betrieb, denn die Feiertagsvorbereitungen laufen. An diesem Abend wird in vielen Familien Heiligabend gefeiert.

»Heute werden sehr viele Menschen hier einkaufen. Sie kaufen viele Süßigkeiten und viel Fleisch«, sagt Olga Bondarenko, eine Verkäuferin im Intermarkt. Sie feiert Heiligabend auch mit ihrer ganzen Familie, mit Kindern, Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen. Traditionell wird es Pierogi und Pelmeni geben, Torte und Kutja, ein süßes Gericht aus Reis mit Rosinen und Mohn, das zur Familienfeier mitgebracht wird. »Die Oma muss dann drei Mal probieren und erst dann gibt es Geschenke für die Kinder«, sagt Bondarenko.

Sie erzählt, dass ihre Kinder gerne drei Mal Geschenke bekommen wollen. Zum ersten Mal am 24. Dezember, an dem nach dem gregorianischen Kalender Heiligabend ist. Zum zweiten Mal am 31. Dezember. Während des Kommunismus’ in vielen ost- und südosteuropäischen Ländern wurden die Weihnachtstraditionen auf Silvester verlegt. Und zum dritten feiern viele christlich-orthodoxe Gemeinden Weihnachten am 6. und 7. Januar. In Armenien, Russland, Syrien, Serbien, Georgien, Mazedonien und in der Ukraine wird Weihnachten nun nach dem julianischen Kalender dreizehn Tage nach dem gregorianischen Feiertag zelebriert.

So verbringen diejenigen Menschen dieses Wochenende in Feststimmung, die ihre eigenen Bräuche mitgebracht haben oder hier zum orthodoxen Glauben übergetreten sind. So wie Hans-Georg Liepelt, Gemeindeältester der russisch-orthodoxen Gemeinde des Heiligen Isidor. »Wir werden den Gottesdienst am Sonntag auch festlich begehen. Zusammen schmausen und Weihnachtslieder singen.«

Auch Jelena Janković feiert Heiligabend. Seit zwei Jahren lebt sie in Berlin. Als Kind kam sie in den 90ern mit ihrer Familie nach Deutschland. »Ich sage immer, Deutschland ist mein zu Hause und Serbien meine Heimat. Ich bin zwar in Deutschland aufgewachsen und manchmal fühle ich mich mehr deutsch als serbisch. Aber alles aus der serbischen Kultur hat mich sehr geprägt.«

Statt eines Weihnachtsbaums hatte Janković in ihrer Kindheit einen Silvesterbaum - und an Silvester gab es Geschenke. Nun verbringe ihre Familie auch den 24. Dezember in kleinem Kreis zusammen, das kenne sie von früher nicht. »Wir haben für uns selbst ein kleines Vorweihnachtsfest organisiert«, so nennt die 29-Jährige das gregorianische Weihnachten. In die Kirche gehe sie nicht. »Ich komme zwar aus Serbien und bin serbisch-orthodox, aber ich stimme der Kirche in vielen Dingen nicht zu.«

Weihnachten verbringe sie nicht mit ihrer Familie. »Dadurch, dass ich allein in Berlin lebe, werde ich in kleinem Kreis mit Freunden feiern.« Mit ihnen werde sie, ganz modern, in einem russischen Restaurant essen gehen. Ihre Familie in Süddeutschland hingegen werde das das Weihnachtsfest traditionell begehen. Dazu werde ein großes Festessen zum Fastenbrechen am ersten Weihnachtstag, dem 7. Januar, hergerichtet. »Sehr deftig mit Krautrouladen oder Banitza, also herzhaftem Strudel mit Schafskäse.« Dazu werde eine »Česnica«, ein großes Brot gebacken, in das eine Münze versteckt wird. Wer beim Brechen des Brotes das Stück mit der Münze bekommt, habe im nächsten Jahr keine finanziellen Sorgen. Janković sagt: »Das Fest unterscheidet sich nicht sehr vom evangelischen oder katholischen Weihnachtsfest. Nur im Datum.«

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