West-Ost-Gefälle
Grit Gernhardt findet unterschiedliche Löhne ungerecht
Der Westen ist oben, der Osten unten. Wer mit diesen Worten die Lage auf einer Karte angeben will, liegt falsch, wer aber über die Einkommensverteilung redet, muss sie genauso ausdrücken. Noch immer sind die Löhne in den beiden Teilen der Bundesrepublik nicht ansatzweise auf gleichem Niveau, auch wenn es hüben wie drüben Inseln des Reichtums und der Armut gibt, die die Ausnahmen der Statistik darstellen. Fakt ist aber: Die höchsten Einkommen nehmen die Menschen in den westdeutschen Industriestandorten Wolfsburg (VW), Ingolstadt (Audi) und Ludwigshafen (BASF) jeden Monat mit nach Hause - die niedrigsten in den ehemaligen ostdeutschen Bergbaugebieten im Erzgebirge oder in den von den meisten Firmen komplett gemiedenen Landkreisen auf den Ostseeinseln.
Die Gründe dafür sind vielfältig, aber bekannt: Wenig Tarifbindung, schlechtere Tarifverträge, niedriger gewerkschaftlicher Organisationsgrad, fehlender Arbeitskräftenachwuchs durch Abwanderung. Das Ende des Bergbaus hinterließ öde Landstriche, der erhoffte Wirtschaftsaufschwung durch das Ende der DDR kam nicht. Gegen viele Probleme ließe sich mit dem nötigen Willen auf politischer Ebene vorgehen. Die Lohnungerechtigkeit aber mit Verweis auf teils niedrigere Lebenshaltungskosten abzutun, ist zynisch. Weder in Ost noch West lässt sich von Niedriglöhnen gut leben.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.