Das Ende einer Ära

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

Jede Ära findet einmal ihr Ende. Im unterfränkischen Münnerstadt wurde im Oktober vergangenen Jahres ein Mann gefasst, der abscheuliche Taten verbrochen hatte. Sieben Jahre lang konnte er die Polizei von Bad Kissingen foppen und entkam immer wieder. Seine Taten hatten in der Region Angst und Schrecken verbreitet. Der Mann sei schon länger im Visier der Fahnder gewesen, sagte die Polizei nach der Festnahme des 27-Jährigen, der als der Poolschlitzer von Bad Kissingen in die fränkische Geschichte eingehen dürfte. Der Widerling, dem die Polizei erst nach dem Hinweis eines Zeugen auf die Spur kam, gestand im gestreng geführten Verhör, immer spontan beim Anblick eines Pools zugestochen zu haben. Insgesamt 30 Plastikschwimmbäder, die unschuldig in den Vorgärten gutbürgerlicher Wohngegenden standen, fielen dem Serientäter zum Opfer.

Eines der Opfer war Christian K.. Dessen Pool wurde gleich zweimal aufgeschlitzt. Der Milchwagenfahrer war nach der Festnahme des Täters erleichtert. K. war auch der einzige, der den Poolschlitzer einmal auf frischer Tat ertappt hatte. Allerdings suchte der Unhold schnell das Weite. Nachdem er zum zweiten Mal zugeschlagen bzw. zugestochen hatte und die Tochter von K. aus Angst vor dem unheimlichen Mann nachts nicht mehr schlafen konnte, schritt der mutige Franke zur Tat: er trommelte vier Freunde zusammen, mit denen er sich nachts auf die Lauer legte.

In der dritten Nacht tauchte der Perverse tatsächlich auf und wollte sein widerliches Tun fortsetzen. Doch als er Christian K. und seine Bürgerwehr-Kumpels sah, suchte er das Weite. »Diesen Halunken hätte ich mir schon vorgeknöpft«, zitierte damals eine bundesweit bekannte Boulevard-Postille den resoluten Verteidiger biederfränkischen Schwimmbadbrauchtums.

Beim Verdächtigen wurden nach Polizeiangaben auch Luftmatratzen sichergestellt, die er von den Tatorten als Trophäen mitgenommen hat. Der Verbrecher selbst hinterließ an den Orten seiner Untaten nur einen einzigen Fußabdruck.

Fußabdruck ist das Stichwort, nach dem in dieser Kolumne lange gesucht wurde. Nicht sieben, sondern mindestens zehn Jahre lang schaffte es der Schreiber dieser Zeilen, der breiigen Hinterlassenschaft vierbeiniger Täter zu entgehen, deren zweibeinigen Führungsoffiziere aus niederträchtigen Motiven heraus das Mitführen von Plastikbeuteln verweigern, mit denen die übel riechenden Haufen geruchsneu-tralisiert werden können. Während in der Nachbarschaft immer wieder Flüche zu hören waren und dann und wann das Treppenhaus erfüllt war von den Miasmen der Abkömmlinge des Canis Lupus, blieb bei mir die Fußmatte sauber.

Kurz vor Jahresschluss, am 30. Dezember, war auch diese Ära zu Ende, und das perfiderweise noch direkt vor der Haustür! Vom Täter bzw. den Tätern fehlt bislang noch jede Spur. Doch ich werde mich auf die Lauer legen und, sollte ich die Übeltäter auf frischer Tat ertappen, sie mir vorknöpfen.

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