Entwicklung kommt von unten

Besseres Leben entsteht durch mehr Mitbestimmung und Eigeninitiative

  • Michael Krämer, INKOTA
  • Lesedauer: 3 Min.
Miguel Ulloa in seinem Gemüsefeld: Es hat im Herbst genug geregnet, die Ernte war gut.
Miguel Ulloa in seinem Gemüsefeld: Es hat im Herbst genug geregnet, die Ernte war gut.

Miguel Ulloa hat schon viel gesehen und viel erlebt in den 59 Jahren seines Daseins. Seit Jahrzehnten setzt er sich für ein besseres Leben der Menschen in Chambala ein, einem kleinen Dorf am Vulkan von San Miguel. Dort ist er geboren und dort hat er auch die meiste Zeit des Bürgerkriegs in El Salvador von 1980 bis 1992 verbracht und für die Guerillabewegung FMLN unter anderem die Tagelöhner der umliegenden Kaffeeplantagen organisiert. Nach dem Krieg sorgte er schon mal dafür, dass die halbe Gemeinde vor der Kreisverwaltung protestierte, um die Versorgung Chambalas mit Strom und Trinkwasser durchzusetzen. Er hat so einige Verbesserungen erreicht in diesen Jahren, mit Organisierung kennt er sich aus.

Aber die Art von Organisation, deren Vorsitzender er seit einigen Monaten ist, kannte selbst er bis vor Kurzem noch nicht. Begeistert erzählt er von der GTCHA, der neuen Organisation mit dem auf Deutsch etwas umständlichen Namen »Territoriale Gruppe des Chaparrastique«. Alle elf Gemeinden des neuen Oikos-Projekts am Vulkan von San Miguel, das INKOTA als deutsche Partnerorganisation begleitet, sind in der GTCHA versammelt. Chaparrastique ist der alte indigene Name des Vulkans, der erst vor drei Jahren seinen bis dato letzten größeren Ausbruch hatte.

»Wir arbeiten sehr gut mit Oikos zusammen und möchten das auch weiterhin tun. Mit der GTCHA können wir aber noch stärker als bisher über unsere eigenen Angelegenheiten bestimmen«, erklärt Miguel Ulloa. Die Idee der neuen Organisation geht von einem sehr einfachen Grundgedanken aus: Entwicklung soll aus den Gemeinden selbst und nicht von außen. Je mehr die Menschen über ihre Belange selbst entscheiden, umso geringer ist die Gefahr, dass sie auf Hilfe von außen warten und passiv werden.

Die Gemeindevorstände sollen zum Beispiel in die Lage versetzt werden, selbst kleinere Entwicklungsprojekte zu erarbeiten und diese umzusetzen. Sie sollen sich aber auch, teilweise mit Unterstützung von Oikos, um die Finanzierung der Vorhaben kümmern und dafür bei den Bürgermeisterämtern der fünf Projektlandkreise, aber auch bei der Provinzregierung oder anderen staatlichen Stellen Lobbyarbeit machen.

In den Gemeinden, die sich fast alle in Hanglage direkt am Vulkan Chaparrastique befinden, geht es häufig um Schutzmaßnahmen, um die ökologischen Gefahren zu verringern: So verbessert Aufforstung das Mikroklima und verhindert Bodenerosion. Schutzdämme und Infiltrationsgruben verringern den Wasserabfluss und verringern bei starken Regenfällen die Gefahr von Sturzbächen, die hangabwärts immer wieder zu großen Zerstörungen führen. Diese Aktivitäten sind auch Teil des INKOTA-Projekts mit Oikos, müssen teilweise aber noch deutlich ausgeweitet werden.

Oikos setzt viel Energie in den Aufbau der GTCHA, eine Strategie, wie sie auch die salvadorianische Umweltministerin Lina Pohl für wichtig hält, als sie kürzlich erklärte: »Man muss die lokalen Organisationen stärken, die sich für ökologische Belange einsetzen.«

Neben den verschiedenen Aktivitäten im Umweltbereich erarbeitet die GTCHA wirtschaftliche und soziale Vorhaben, die dazu beitragen, die Armut in den Gemeinden abzubauen. Das GTCHA ist ein guter Schritt zu einem besseren Leben in den Gemeinden am Vulkan Chaparrastique. Für Miguel Ulloa jedenfalls sind die Ziele der GTCHA sehr klar: »Wir wollen dazu beitragen, dass die Menschen hier am Vulkan glücklich sind. Dazu gehört, zu essen zu haben, Wasser und ein bisschen Geld, wenn ein Kind krank geworden ist und zum Arzt muss oder Medikamente braucht.«

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