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  • Schuldrechtsanpassungsgesetz Antwort auf Leserfragen

Eigentum an Baulichkeiten auf fremdem Grund und Boden: Können Garage oder Datsche verkauft werden?

  • Lesedauer: 7 Min.
Es ist eine in Ostdeutschland offensichtlich immer noch weit verbreitete Erscheinung, dass Bauten auf fremdem Grund und Boden verkauft werden. Nach dem BGB gilt aber der Grundsatz, dass das Gebäudeeigentum dem Eigentum am Grundstück folgt, also grundsätzlich kein gesondertes Eigentum an Baulichkeiten entstehen kann. Wo eine Trennung von Grundstücks- und Gebäudeeigentum noch besteht, wird sie durch Überleitungsgesetze wie das Sachenrechtsbereinigungsgesetz und das Schuldrechtsanpassungsgesetz schrittweise beseitigt.
Die Problematik ist jetzt durch den Ablauf der siebenjährigen Investitionsschutzfrist bei Garagen hochaktuell geworden (siehe auch ND-Ratgeber Nr. 773 vom 6. Dezember 2006, S. 5), spielt aber auch bei Datschen eine Rolle, auch wenn dort die Investitionsschutzfrist grundsätzlich erst 2022 abläuft.
Den Ratgeber erreichen deshalb Leserfragen, zum Beispiel aus dem Raum Zschopau, wie:
- Kann ich Eigentum an einem Bungalow oder einer Garage auf fremdem Grund und Boden erwerben?
- Kann ich später zu den Abrisskosten herangezogen werden, wenn ich einen solchen Kauf tätige?
- Wie kann der Käufer eines Gebäudes auf fremdem Grundstück ein Vorkaufsrecht an dem Grundstück begründen? 

Bauteneigentum wechselt zum Grundeigentümer
Wenn ein Altvertrag über eine Parzelle, die u. a. der Erholung und Freizeitgestaltung oder der Errichtung von Garagen, jedoch nicht Wohnzwecken, gedient hat, beendet wird, geht das Eigentumsrecht an den darauf befindlichen Baulichkeiten auf den Grundstückseigentümer über (§ 11 Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG). Wenn der Grundstückseigentümer kündigt, bevor die Investitionsschutzfrist abgelaufen ist, hat er eine Entschädigung für ein rechtmäßig errichtetes Bauwerk nach dem Zeitwert zum Zeitpunkt der Rückgabe zu zahlen (§ 12 Abs. 2 SchuldRAnpG). In anderen Fällen, also bei Kündigung durch den Nutzer oder bei Vertragsaufhebung, kann der Eigentümer des Bauwerks Entschädigung nur verlangen, soweit der Verkehrswert des Grundstücks durch das Bauwerk im Zeitpunkt der Rückgabe erhöht ist ( § 12 Abs. 3 SchuldRAnpG). Eine solche Werterhöhung wird angenommen, wenn die Baulichkeiten weiter genutzt werden. 

Baulichkeit als Scheinbestandteil des Grund und Bodens
Ein Verkauf der Baulichkeiten an den übernehmenden Nutzer im Falle der Weitervermietung oder -verpachtung des Grund und Bodens ist nur möglich, wenn man die Baulichkeit als Scheinbestandteil des Grundstücks ansieht. Das ist eine Baulichkeit u. a. dann, wenn sie nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden ist (§ 95 Abs. 1 BGB). Das kann dann angenommen werden, wenn derjenige, der die Verbindung herstellt, in Ausübung eines zeitlich begrenzten Nutzungsrechts handelt, so beispielsweise bei Gartenlauben in Kleingartenanlagen. Sie können also bei Nutzerwechsel weiterverkauft werden, wenn die kleingärtnerische Nutzung fortgesetzt wird. Da nach dem Bundeskleingartengesetz ein weitgehender Kündigungsschutz sowohl für die einzelne Parzelle als auch für die ganze Kleingartenanlage besteht, ist das Risiko des Laubenkäufers auch gering.
Generell gilt jedoch, dass der Eigentümer des Grundstücks bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses verlangen kann, dass der Eigentümer einer Baulichkeit, die Scheinbestandteil ist, diese entfernt.
In der Regel muss derjenige, der sich auf die Scheinbestandteilseigenschaft beruft, diese beweisen. In der Fachliteratur wird jedoch die Meinung vertreten, dass Baulichkeiten, die während der Zeit der Geltung des ZGB in der DDR, also vom 1. Januar 1976 bis 2. Oktober 1990 errichtet worden sind, nicht Scheinbestandteile des Grundstücks werden konnten, weil das ZGB so etwas nicht vorsah (vgl. Schnabel, Schuldrechtsänderungsgesetz, Berlin 1995, S. 169).
Andererseits ergibt sich aus § 315 Abs. 2 ZGB hinsichtlich der Weitergabe von Gebäuden in Kleingartenanlagen das Gegenteil.
Jedenfalls muss im Regelfall davon ausgegangen werden, dass bei Beendigung des Nutzungsvertrages nach SchuldRAnpG über die Garagen- oder Bungalowaufstellfläche das Eigentum an den Baulichkeiten auf den Grundstückseigentümer übergeht. Der normale Verfahrensweg wäre deshalb der, dass der Grundstückseigentümer den abgebenden Nutzer entschädigt und die Parzelle mit aufstehendem Bungalow oder aufstehender Garage weiter vermietet. Ein Verkauf des Bungalows ohne Grund und Boden an den übernehmenden Nutzer ist nicht möglich, weil heute daran kein vom Eigentum an Grund und Boden getrenntes Eigentum entstehen kann. 

Das hohe Risiko des neuen Nutzers
Der neue Nutzer geht also ein hohes Risiko ein, wenn er den Bungalow/die Garage kauft, selbst wenn ihm ein Nutzungsvertrag über die Fläche angeboten wird. Er wird nicht Eigentümer der Baulichkeit. Wenn sein Vertrag endet, steht ihm auch kein Entschädigungsanspruch zu, weil für den neuen Nutzungsvertrag nicht das SchuldRAnpG gilt.
Sein Risiko kann natürlich vermindert werden, wenn langfristige Mietverträge geschlossen werden, so dass er z. B. den »gekauften« Bungalow abwohnt. Diese Möglichkeit kann durch das Recht, langfristig unterzuvermieten, verstärkt werden. 

Der abtretbare Entschädigungsanspruch
Ältere Nutzer sind aus verständlichen Gründen vielfach daran interessiert, den vorhandenen Bungalow bzw. die vorhandene Garage abzugeben. Wenn in diesem Fall der Grundstückseigentümer vor Ablauf der Kündigungsschutzfrist kündigt, haben sie einen Entschädigungsanspruch. Diesen können sie an den übernehmenden Nutzer abtreten. Das ist kürzlich durch ein Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (vom 25. Januar 2006, Az. 4 U 166/04) ausdrücklich bestätigt worden. Allerdings gilt für diesen Entschädigungsanspruch die dreijährige Verjährungsfrist ab Ende des Jahres seiner Entstehung. Es könnte jedoch der Verzicht auf die Verjährung vereinbart werden. Außerdem könnte vor Ablauf der Verjährungsfrist damit gedroht werden, den Entschädigungsanspruch geltend zu machen, wenn ein solcher Verzicht nicht erfolgt.
Eine Abtretung der Entschädigungsansprüche ist, wie sich aus der genannten Entscheidung ergibt, auch nach Beendigung des Nutzungsvertrages noch möglich. Allerdings wird sie praktisch keinen Sinn machen, wenn die Verjährung bereits eingetreten ist.
Es ist auch keineswegs so, dass die abgebenden Nutzer sich keine Sorgen mehr zu machen brauchen, wenn sie verkauft haben. Sie müssten nach dem Vertrag typischerweise das Eigentum an dem Bungalow übertragen. Das können sie aber nicht, weil sie selber nach Beendigung des Nutzungsvertrages nicht mehr Eigentümer sind. Sie haben deshalb den Vertrag nicht erfüllt und können auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch genommen werden. Der Schadensersatz liegt dann mindestens in Höhe des Kaufpreises. Allerdings verjährt auch dieser Anspruch. Jedoch kann der Schadensersatzanspruch durch die erwähnte Abtretung gemindert oder sogar gänzlich ausgeschlossen werden. 

Kaufverträge über Grundstück und über Gebäude verzahnen
Wenn ein Grundstück und ein Gebäude, die verschiedenen Eigentümern gehören, auf einen Dritten übertragen werden sollen, kann wie folgt vorgegangen werden: Die Kaufverträge über das Grundstück und über das Gebäude werden gleichzeitig geschlossen und miteinander verzahnt.
Die Wirksamkeit des Vertrages über die Baulichkeiten wird dabei so vereinbart, dass sie erst eintritt, wenn der Eigentumsübergang an dem Grundstück erfolgt ist (aufschiebend bedingt). In dem Vertrag wird auch vereinbart, dass zu diesem Zeitpunkt der Miet- und Pachtvertrag über das Grundstück endet, in den sonst der Grundstückserwerber eintreten würde. Zu diesem Zeitpunkt fällt dann das Eigentum an den Baulichkeiten an den Grundstückserwerber, weil im Umkehrschluss nach dem Gesetz bei Beendigung des Nutzungsvertrages das Eigentum an den Baulichkeiten an den Grundstückseigentümer fällt. Der Kaufinteressent ist Grundeigentümer, wenn der Nutzungvertrag endet, er wird deshalb auch Eigentümer der aufstehenden Baulichkeiten, die er auf Grund des Vertrages mit deren Eigentümer kaufte. 

Gebäude vom nichtberechtigten Verkäufer erworben
Das hat zur Folge, dass der Interessent Grundeigentümer ist, wenn der Pachtvertrag endet und er deshalb auch Eigentümer der aufstehenden Baulichkeiten wird, die er aufgrund des Vertrages mit deren Eigentümer gekauft hat.
In praktisch häufigen Fällen verkauft der Baulichkeiteneigentümer bei Beendigung des Nutzungsvertrages die Baulichkeit an den übernehmenden Nutzer, und der Grundeigentümer verpachtet oder vermietet den Grund und Boden an diesen weiter. Dann jedoch hat der Käufer des Gebäudes kein Eigentum erworben. Diese Tatsache beruht darauf, dass er etwas vom Nichtberechtigten erworben hat und sich auch nicht auf guten Glauben berufen kann. Selbst wenn man die Baulichkeit als bewegliche Sache ansehen würde, wogegen manches spricht, würde das zumeist daran scheitern, dass dem Erwerber bekannt war oder nur wegen grober Fahrlässigkeit unbekannt war, dass der Veräußerer nicht zum Verkauf der Baulichkeit berechtigt war, denn das ergibt sich aus dem Gesetz.
An etwaigen Abrisskosten muss sich der Erwerber unter diesen Umständen allerdings auch nicht beteiligen.
In derartigen Fällen wird gelegentlich ein Vorkaufsrecht das Grundstück betreffend vereinbart. Das greift natürlich nur, wenn ein Verkauf tatsächlich erfolgt. Dabei ist zu beachten, dass dieses Recht der Eintragung in das Grundbuch bedarf (§ 873 Abs. 1 BGB), was wiederum die notariell beglaubigte Eintragungsbewilligung des Grundeigentümers und seinen Eintragungsantrag erfordert. Eine Beglaubigung ist kostengünstiger als eine Beurkundung. Trotzdem wird wegen der mit der Beurkundung verbundenen Beratung durch den Notar und der Verpflichtungswirkung die beurkundete zweiseitige Vereinbarung empfohlen.

Prof. Dr. DIETRICH MASKOW,
Rechtsanwalt, Berlin

PS. Die Problematik um das getrennte Eigentum an Baulichkeiten sowie an Grund und Boden ist, wie zu ersehen, äußerst kompliziert. Oftmals zahlt der Gebäudeeigentümer und Grundstücksnutzer bei Beendigung des Nutzungsvertrages nur drauf. Es ist darum jedem Betroffenen anzuraten, zu gegebener Zeit rechtlichen Rat eines Anwalts oder eines entsprechenden Vereins oder Verbandes zu suchen. Denn jeder Fall ist ein Einzelfall, der sich zumeist Pauschalurteilen entzieht. Die Red.
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