Ab sofort: Amerika zuerst!

Amtsantritt, Medienschelte und ein Geständnis an die Geheimdienstler: »Ich liebe Euch«

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Die großen Protestdemonstrationen vom Wochenende nach der Amtseinführung konnten dem US-Präsidenten Donald Trump seine Twitter-Sprache nicht verschlagen. »Warum haben diese Leute nicht abgestimmt?«, fragt er am Sonntag unter Hinweis darauf, dass es ja gerade eine Wahl gegeben habe. Seiner Amtseinführung, so schiebt er nur Minuten später nach, hätten sogar 31 Millionen Menschen im Fernsehen zugeschaut. Das seien elf Millionen mehr als bei der zweiten Amtseinführung von Barack Obama vor vier Jahren.

Den zunehmend vereisenden Gästen auf der Ehrentribühne hatte er bei der Amtseinführung am Freitag bescheinigt: »Zu lange hat eine kleine Gruppe in der Hauptstadt der Nation den Lohn der Regierungsgeschäfte geerntet, während die Menschen die Kosten getragen haben.« Die Macht werde dem Volke zurückgegeben.

Von diesem und der Lage im Lande zeichnete er ein düsteres Bild. Mütter und Kinder in Armut gefangen, »verrostete Fabriken, die wie Grabsteine über die Landschaft unserer Nation verstreut sind« und das Verbrechen, die Gangs und Drogen. »Dieses amerikanische Gemetzel endet genau hier und endet genau jetzt.« Eine neue Vision werde nun das Land regieren: »Von diesem Moment an wird Amerika zuerst kommen. Amerika zuerst!« Beim Menü zur Amtseinführung gilt das bereits. »Erster Gang: Amerikanischer Hummer und Garnelen mit Safransauce, Erdnussstreuseln und Kartoffelknödel.«

In einer seiner ersten Amtshandlungen unterschreibt Trump eine Anordnung, mit der Obamas Gesundheitsreform rückgängig und die flächendeckende Gesundheitsvorsorge in den USA abgeschafft werden könnte. Von Trump und seinen Republikanern versprochener Ersatz für »Obamacare« ist nicht in Sicht.

Als erste Kabinettsmitglieder wurden Verteidigungsminister James Mattis sowie Heimatschutzminister John Kelly vereidigt. Beide sind ehemalige Generäle der US-Streitkräfte. Mattis steht für einen kritischeren Umgang mit Russland, als Trump ihn angekündigt hatte. Für Montag und die kommenden Tage sind weitere Erlasse Trumps zu erwarten, für die der Präsident den Kongress nicht braucht. Dabei könnte es um die Themen Mauerbau zu Mexiko, Grenzsicherheit generell und Handel gehen.

Der US-Vorwahl-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders mahnt per Facebook: »Die Menschheit befindet sich an einem Scheideweg.« Sie könne »den Weg der Gier, des Konsums, der Oligarchie, der Armut, des Krieges, des Rassismus und der Umweltzerstörung fortsetzen« oder die Welt in eine »ganz andere Richtung führen«. Dazu dürfe man aber die Demokratie nicht als Zuschauer betrachten.

Trump bleibt im Wahlkampfmodus - mit Medienschelte. Die Zahl seiner Zuschauer bei den Feierlichkeiten zur Amtseinführung seien absichtlich als zu niedrig dargestellt worden. Seinen Sprecher lässt er ankündigen: »Wir werden die Presse zur Rechenschaft ziehen.« Journalisten gehörten ohnehin zu »den unehrlichsten Menschen auf der Erde«, vertraut der Chef persönlich unter großem Gelächter und Applaus im Saal am ersten Tag im Amte den US-Geheimdienstlern an. Beim Auslandsgeheimdienst CIA in Langley gesteht Präsident Trump jenen, die er als Kandidat noch Lügner schalt: »Ich liebe Euch, ich respektiere Euch.«

Zuneigung gilt wohl auch der britischen Premierministerin Theresa May. Sie wird am Freitag als erste ausländische Regierungschefin mit dem frisch vereidigten US-Präsidenten zusammenkommen. Wie der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, wissen lässt, habe Trump bereits ein Telefonat mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau über Zusammenarbeit und Handel geführt. Zudem sprach er mit dem mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto über Sicherheit und Einwanderung. Peña Nieto wird am 31. Januar zu einem Besuch bei Trump erwartet.

Das im Wahlkampf besonders erbittert umstrittene Moskau gibt sich zurückhaltend. Es werde vielleicht kommende Woche ein Telefonat mit Präsident Wladimir Putin geben. Ansonsten versichert Kremlsprecher Dmitri Peskow: Trump »ist nicht unser Mann, er ist ein amerikanischer Mann«. Es sei »vielleicht der größte Fehler westlicher Beobachter und von einigen unserer politischen Beobachter, zu meinen, er sei ›unser Mann‹«.

Papst Franziskus gibt sich weltmännisch abwartend: »Wir werden sehen, wie er handelt, was er macht, und dann werde ich auch eine Meinung dazu haben.« Mit Agenturen

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