In Lichtenberg ist Oper Kindersache

Bereits seit 2009 begeistert das Gemeinschaftsprojekt »Kinderopernhaus« Mädchen und Jungen für die Klassik

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.

Jeden Donnerstag ist Probenzeit im »Steinhaus« an der Schulze-Boysen-Straße in Lichtenberg. Die meisten Grundschüler kommen in kleinen Gruppen, einige auch allein. Sie lachen und erzählen und wirken ein bisschen übermütig. »Ich freue mich, dass es gleich wieder losgeht«, sagt Linnea. Auch ihre Schwester hat schon im Kinderopernhaus mitgemacht. Nun aber ist sie selbst dabei: Linnea spielt Theater, singt im Chor und manchmal als Solistin.

In diesen Wochen konzentrieren sich die jungen Künstler auf das Basistraining, wie es Projektleiterin Regina Lux-Hahn nennt. Das beginnt mit spielerischen Kreisübungen, geht wei᠆ter mit Ton-, Sprech- und Gesangswiederholungen und mündet in unterschiedlichen Bereichen, für die sich die Teilnehmer entschieden haben.

Lotte, Maja und Leni lassen bei den szenischen Übungen ihren Fantasien freien Lauf. Sie stellen Sprichwörter spielerisch dar und haben dabei sichtlich Spaß. So inszenieren sie beispielsweise »Wer anderen eine Grube gräbt …« mit zwei Stühlen, einem großen Stock sowie ihren spitzbübischen und erschrockenen Gesichtern so echt, dass es die anderen Kinder schnell erraten.

Im Raum nebenan stehen Instrumente im Mittelpunkt, eine Tür weiter gibt es Einzelunterricht für die Stimmbildung und ganz oben im großen Saal probt der Chor.

Regina Lux-Hahn, die Ideengeberin und Chefin des berlinweit einmaligen Projektes ist jedes Mal begeistert, wenn sie die Proben und später dann die Aufführungen miterlebt. »Mich macht es stolz zu sehen, wie sich die Kinder weiterentwickeln«, sagt die Ruheständlerin: Wie sie durch die Bühnenarbeit selbstbewusst werden, wie sie das Gefühl für ein gemeinsames Team bekommen, lernen Verantwortung für die Gruppe zu übernehmen und schließlich neue Freunde gewinnen. »Die gemeinsame Freude über den Erfolg ist dann wohl der größte Lohn«, zeigt sich die engagierte Berlinerin überzeugt.

Sie brachte vor acht Jahren den Stein zu diesem Vorhaben ins Rollen. Das war zu dem Zeitpunkt, als der Caritasverband Berlin die Lichtenberger Kinder- und Jugendeinrichtung »Steinhaus« übernahm. Lux-Hahn war damals noch als Regionalleiterin dieses Verbandes tätig, und sie ist Musik- und Opernfreundin. Ihre weitsichtige Idee wird nun seit Jahren gelebt: Kinder aus allen sozialen Schichten und verschiedenen Kulturen lernen die Welt der Oper kennen und mitzugestalten - als sei es das Natürlichste der Welt.

»Jedes Kind ist willkommen und kann bei uns kostenlos mitmachen, ohne Casting«, betont die Projektleiterin. Allerdings wird mit den Eltern vereinbart, dass sie darauf achten, dass ihre Kinder auch regelmäßig an den Proben teilnehmen.

Bislang entstanden sieben Produktionen mit insgesamt 41 ausverkauften Vorstellungen - die finden unter anderem in Spielstätten der Staatsoper statt - und vor rund 7500 begeisterten Zuschauern. Dazu zählen beispielsweise »Das barocke Singspiel - Engel-Singen-Hören« nach dem Oratorium Tobit von Georg Friedrich Händel, das impressionistische Klangbild »Was Du nicht siehst« nach Claude Debussys Children's Corner sowie »Tierisch on Tour«.

Erfahrene Musik- und Theaterpädagogen fordern die kleinen Opernfans heraus und spornen sie zu Höchstleistungen an.

Das Kinderopernhaus Lichtenberg ist ein Kooperationsprojekt der Staatsoper, des Caritasverbandes Berlin und des Stadtbezirks Lichtenberg. Etliche Sponsoren finanzieren zudem das Vorhaben.

Besondere Talente, die einst im »Steinhaus« Opernluft schnupperten, singen inzwischen sogar im Jugendchor und im Chor der Staatsoper oder spielen im Grips-Theater.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal