Machtkampf statt Programmatik

Bei der AfD in Nordrhein-Westfalen scheiterte ein interner Putsch / Petry und Gauland sind Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Eigentlich wollte die AfD Nordrhein-Westfalen am Sonntag in Oberhausen über ihr Programm zur Landtagswahl sprechen. Die Programmdebatte wurde allerdings zur Randnotiz. Landessprecher Marcus Pretzell und sein Lager versuchten, den zweiten Sprecher der AfD NRW zu stürzen. Sie scheiterten.

Zehn von elf Mitgliedern des AfD-Landesvorstandes hatten kurz vor dem Oberhausener Parteitag einen Antrag gestellt Martin E. Renner als Sprecher der Partei abzuwählen. Renner, gleichrangig mit Frauke Petrys Ehemann Marcus Pretzell an der Spitze der Partei in NRW, sei für Unruhe in der Partei verantwortlich und habe interne Informationen an die Presse weitergegeben, so lautete der Vorwurf. Zwischen Renner und Pretzell tobt seit langem ein Streit. Gemeinsam treten sie nur auf, wenn es nicht zu vermeiden ist. Der Antrag dürfte im Zusammenhang mit den Ereignissen rund um die Aufstellung der Kandidatenliste für die Landtagswahl in den vergangenen Wochen stehen. Nach Berichten über Unregelmäßigkeiten beim Zustandekommen der Liste hatte Renner zeitweise eine Unterschriftensammlung für eine Neuwahl der Liste befürwortet.

Als Renners Abwahl auf der Tagesordnung stand, wurde die Presse vom Parteitag ausgeschlossen. Die schmutzige Wäsche sollte innerhalb der Partei transparent, aber nicht in der Öffentlichkeit gewaschen werden. In der Halle gab es daraufhin eine knapp zweistündige Schlammschlacht auf »tiefstem Niveau«, wie ein Mitglied der Partei erklärte.

200 Mitglieder wollten Martin Renner stürzen, 153 waren für Renner. Für die Renner-Gegner reichte es nicht, Renner bleibt im Amt. Im Anschluss zeigte sich Martin Renner zufrieden, freiwillig werde er nicht zurücktreten. Nachdem der Konflikt ausgestanden sei, werde er wieder mit Marcus Pretzell kooperieren.

In Dortmund bekam die AfD am Sonntagmorgen Schützenhilfe von Neonazis. Anhänger der Partei »Die Rechte« hatten sich am Bahnhof versammelt und versuchten Antifaschisten, die sich öffentlich zur Reise nach Oberhausen verabredet hatten, zu attackieren. Mit 30 Leuten hatten die Neonazis wohl nicht gerechnet und verschwanden, ohne die Antifaschisten zu attackieren. Insgesamt demonstrierten etwa 1400 Menschen gegen die AfD in Oberhausen.

Bundesvorsitzende Frauke Petry wurde am Sonntag Spitzenkandidatin der sächsischen AfD für die Bundestagswahl. Petry erhielt auf einer Parteiversammlung in Klipphausen 79,1 Prozent der Stimmen und steht auf Listenplatz eins. Petry, die auch Landesvorsitzende in Sachsen und Fraktionschefin im Dresdner Landtag ist, war bereits Ende vergangenen Jahres von der AfD zur Direktkandidatin im Bundestagswahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gewählt worden.

AfD-Bundesvize Alexander Gauland ist Brandenburger Spitzenkandidat zur Bundestagswahl. Der 75-Jährige erhielt auf einer Mitgliederversammlung in Rangsdorf bei Berlin 199 von 240 gültigen Stimmen und damit im ersten Wahlgang so viele Stimmen wie kein anderer Kandidat. Dies war bei der AfD-Versammlung das Kriterium für die Spitzenkandidatur. Vor seiner Wahl hatte Gauland die Partei den umstrittenen Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke verteidigt. »Er hat nichts gesagt, wofür er sich schämen müsste«, sagte Gauland. Höcke hatte mit Äußerungen zum Holocaust-Mahnmal in Berlin und seiner Forderung nach einer 180-Grad-Wende im Umgang mit der deutschen Vergangenheit bundesweit für Empörung gesorgt. Mit Agenturen

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