KP-Bastion Graz steht vor Wahlerfolg

  • Hannes Hofbauer
  • Lesedauer: 3 Min.

Als im Herbst 2016 die zehn Abgeordneten der KPÖ (von insgesamt 48) ihre Zustimmung zum Budget der zweitgrößten österreichischen Stadt verweigerten, blieb der ÖVP-geführten Stadtregierung nichts anderes übrig, als vorgezogene Neuwahlen anzusetzen. Diese finden nun am ersten Sonntag im Februar statt.

Das Nein zum städtischen Haushalt war nicht einer destruktiven Politik der Kommunisten geschuldet - das ist nicht der Stil der KP Graz -, sondern ihrer strikten Ablehnung eines Kraftwerkprojektes mitten in der Stadt. Der von ÖVP-Seite betriebene Plan zum Bau des Murkraftwerkes ist mit 85 Millionen Euro veranschlagt; Geld, das die Stadt für soziale Zwecke dringend nötig hätte. Zudem würden dem Kraftwerk 8000 Bäume und ein Naherholungsgebiet entlang des Murflusses geopfert werden.

Die KPÖ forderte eine Volksbefragung, die ÖVP will das Projekt durchpeitschen, lehnte einen Antrag auf ein Plebiszit im Gemeinderat ab und stellte die Weichen für den Bau. Nun muss das Volk vorzeitig an die Urnen.

Fast 20 Prozent der Stimmen entfielen bei den Gemeinderatswahlen 2012 auf die KPÖ. Ihre Chefin, Vizebürgermeisterin Elke Kahr, führt damit die zweitstärkste Fraktion (hinter der ÖVP mit 33,7 Prozent) im Stadtparlament. SPÖ, FPÖ und Grüne liegen fast gleichauf dahinter. Nimmt man aktuelle Befragungen als Referenz, müsste die 20-Prozent-Hürde für die Kommunisten zu schaffen sein. ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl war von den Erhebungen dermaßen schockiert, dass er am Mittwoch vor der Möglichkeit einer »links-linken Koalition« warnte. Tatsächlich könnte sich nach dem Votum rechnerisch eine Mandatsmehrheit aus KPÖ, SPÖ und Grünen ergeben. Dass die in dieser Konstellation stimmenstärkste Kraft, die KPÖ, allerdings das Bürgermeisteramt besetzen kann, ist unwahrscheinlich.

Der 55-jährigen Elke Kahr ist es in den vergangenen Jahren meisterhaft gelungen, nicht nur sozialpolitische Anliegen zu formulieren, sondern z. B. in Mietrechtsfragen ganz praktisch Hilfe zu leisten. Dazu haben die KP-Abgeordneten einen Großteil ihres Politikereinkommens in einen Fonds gesteckt, aus dem bedürftigen Familien direkt geholfen werden kann. Kahr, die zugleich Wohnbaustadträtin ist, spendet Monat für Monat 6000 Euro ihres üppigen Gehalts für diesen Wohnungsfonds. Von den übrigen 1900 Euro bestreitet sie ihren Lebensunterhalt. Dieser sehr spezielle Umgang mit den Politiker-Gagen hat der KP Graz viel Sympathie eingebracht.

Die im österreichischen Kontext einzigartige linke Erfolgsgeschichte verdanken die Grazer Kommunisten vor allem dieser glaubwürdigen Sozialpolitik. Darüber hinaus unterscheiden sie sich von KP-Gruppen in anderen Städten oder dem Bund darin, dass sie EU-kritischer und weniger migrationseuphorisch auftreten als ihre Genossen. Ihr Credo lautet: soziale Gleichheit. Gesellschaftliche Diversität, in die sich so manche, auch kommunistische Linke geflüchtet haben, steht im politischen Alltag der Grazer KPÖ nicht an oberster Stelle.

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