LINKE will weiblicher werden

Parteitag des brandenburger Landesverbands soll Doppelspitze ermöglichen und Quotierung auf allen Ebenen anschieben

Mit erheblicher Verzögerung will die brandenburgische LINKE nun doch eine Doppelspitze einführen. Vor einem Jahr war eine entsprechende Satzungsänderung bei einem Landesparteitag in Templin nicht durchgekommen, weil sich die verschiedenen Befürworter nicht einigen konnten, ob die Doppelspitze künftig ein Muss sein soll oder ob es nur eine Kann-Bestimmung geben sollte.

Dem Parteitag am kommenden Sonntag im Kongresshotel Potsdam liegt nun ein Antrag vor, wonach in Paragraf 18, Absatz 1a der Satzung eingefügt werden soll, dass eine Landesvorsitzende, ein Landesvorsitzender oder »zwei Landesvorsitzende unter Berücksichtigung der Mindestquotierung« gewählt werden können. Das heißt: ein Mann oder eine Frau oder ein Mann und eine Frau oder auch zwei Frauen. Der Landesvorstand, die Landesarbeitsgemeinschaft Frauen und die Linksjugend Solid gehören zu den Einreichern des Antrags. Es wird erwartet, dass die Satzungsänderung diesmal beschlossen wird. Gelten würde der Passus voraussichtlich erstmals bei der turnusmäßigen Neuwahl der Landesspitze im März 2018. Der aktuelle Landesvorsitzende Christian Görke, der vor einem Jahr in Templin in seinem Amt bestätigt wurde, hatte damals gemeint, der nächste Landesparteichef sollte aber eine Frau sein.

Zunächst einmal bestimmen die Delegierten an diesem Sonntag voraussichtlich eine Frau als Landesgeschäftsführerin. Denn die bislang einzige Kandidatin ist die im Dezember 1979 geborene Anja Mayer. Die gelernte Arzthelferin leitet seit 2016 die Landesgeschäftsstelle im Potsdamer Lothar-Bisky-Haus. Mayer sollte in dieser Leitungsfunktion die frühere Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige etwas entlasten, die 2014 in den Landtag eingezogen war. Doch Johlige konnte sich in Templin als Geschäftsführerin nicht halten. Sie fiel in der Abstimmung durch, so dass eine Übergangslösung installiert werden musste. Nun soll Anja Mayer Landesgeschäftsführerin werden.

Dem Parteitag liegt auch ein »Konzept zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit im Landesverband« vor. Darin wird Grete Nestor mit dem mittlerweile elf Jahre alten Satz zitiert: »Die größte Gefahr für die Gleichstellung ist die Annahme, wir hätten sie schon.«

Der Frauenanteil im Landesverband beträgt 46,6 Prozent. Allerdings sind unter den Neumitgliedern nur ein Drittel Frauen, so dass davon ausgegangen wird, dass der Frauenanteil in den kommenden Jahren kontinuierlich sinkt. In Spitzenämtern sind Frauen unterrepräsentiert. Der Vorsitzende Christian Görke, Fraktionschef Ralf Christoffers, der Parlamentarische Geschäftsführer Thomas Domres - alles Männer. Außerdem ist Görke Finanzminister und Stefan Ludwig ist Justizminister. Als Frau findet sich in dieser Herrenriege nur Sozialministerin Diana Golze. Zwar gibt es mit der Kirsten Tackmann und Ute Hustig zwei stellvertretende Landesvorsitzende, Kathrin Dannenberg ist Vizefraktionschefin und mit Almuth Hartwig-Tiedt, Daniela Trochowski und Anne Quart gibt es gleich drei Staatssekretärinnen.

Von erreichter Gleichstellung kann aber nicht die Rede sein, zumal sich das Problem auf niederen Ebenen fortsetzt. Die Linksfraktionschefs in den 14 Kreistagen und in den vier Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte sind meist Männer. Nur im Havelland und in Oberhavel haben Frauen diese Funktion inne und außerdem gibt es in Ostprignitz-Ruppin und in Potsdam-Mittelmark eine Doppelspitze.

»Die rückläufige Entwicklung des Frauenanteils« im Landesverband müsse gestoppt, »der Trend umgekehrt werden«, heißt es in dem Papier von Landesvorstand und Landesarbeitsgemeinschaft Frauen, das dem Parteitag vorliegt. Enthalten ist ein Bündel von Maßnahmen. So soll es jährliche Landesfrauenkonferenzen geben und Kreisverbände, die besonders viele Frauen als Mitglieder gewinnen, sollen gewürdigt werden. Für kommende Wahlen sollen mehr Frauen aufgestellt werden. Es soll spezielle Bildungsangebote geben und in allen Dokumenten soll eine geschlechtergerechte Sprache »durchgesetzt« werden. Außerdem vorgesehen sind Budgets für Gleichstellungsarbeit, »die nur zu diesem Zweck abgerufen werden dürfen«. Auch soll der Anteil der weiblichen Beschäftigten der Partei auf mindestens 50 Prozent angehoben werden.

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