Roter Oktober

Annotiert

  • Rainer Holze
  • Lesedauer: 2 Min.

In der ersten Ausgabe 2017 des Fachjournals »Arbeit - Bewegung - Geschichte« bilden die Oktobertage 1917 in Russland, die nach John Reed die Welt »erschütterten«, den thematischen Schwerpunkt. Ein interessanter Auftakt im Jubiläumsjahr.

Die Widerspiegelung der Revolution der Bolschewiki in der jugoslawischen (serbischen) Geschichtsschreibung der letzten hundert Jahre reflektiert Mira Radojevic von der Universität Belgrad. Die Autorin unterscheidet drei Abschnitte in der Historiographie über die Oktoberrevolution: 1. den Zeitraum zwischen den beiden Weltkriegen im jugoslawischen Königreich, 2. die Epoche des sozialistischen Jugoslawiens und 3. die Zeit nach dessen Zerfall in den 1990er Jahre bis heute. Die revolutionär-kommunistische Literatur und Presse der 1930er Jahre habe die Oktoberrevolution als Quelle der Inspiration für Revolutionäre weltweit glorifiziert.

Obwohl die jugoslawisch-sowjetischen Beziehungen bereits kurz nach 1945 getrübt und über mehre Jahrzehnte hinweg durch scharfe ideologische Auseinandersetzungen über die verschiedenen Wege zum Sozialismus geprägt waren, habe die regierende Kommunistische Partei die Idee der Russischen Revolution niemals abgewertet. Gegenstand der Untersuchungen seien vor allem das Echo und der Einfluss der russischen Revolution auf dem Balkan sowie die bemerkenswerte Beteiligung von Jugoslawen an dieser gewesen. In der heutigen serbischen Literatur werde der Einfluss der Oktoberrevolution auf die Programmatik der Kommunistischen Partei Jugoslawiens einer kritischen Prüfung unterzogen.

Wie in jedem Heft gibt es auch diesmal einen bunten Strauß von historischen Beiträgen. Michael Hewener wendet sich gegen weit verbreitete Einschätzungen, die die systematische Beeinflussungsversuche der Staatssicherheit der DDR auf die Westberliner Neue Linke mit erfolgreicher Infiltration verwechseln.

Christian Dietrich stellt das Profil und das politische Programm der von 1929 bis 1932 in Berlin erschienenen Monatszeitschrift »Linkskurve« vor, Organ des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller, und Christoph Jünke würdigt den Karl-Marx-Hof als Erinnerungsort an das »Rote Wien«. In die Gegenwart begaben sich Jörg Nowak, der die Streikbewegungen in Indien und Brasilien im Zuge der globalen Wirtschaftskrise seit 2008 vergleicht, sowie Johanna Wolf, die erstmals die Debatten über Ansätze und Strategien des Internationalen Metallgewerkschaftsbundes im Hinblick auf die Globalisierung der Schiffbauindustrie beleuchtet. Ralf Hoffrogge präsentiert einen erhellenden Erinnerungsbericht des ehemaligen Betriebsrates Rainer Knirsch über Arbeitskämpfe im Berliner BMW-Motorenwerk von den 1970ern bis in die 2000er Jahre.

Rainer Holze

Arbeit - Bewegung - Geschichte. Zeitschrift für historische Studien. Metropol-Verlag. 215 S., br., Einzelheftpreis 14 €

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