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17 Verletzte bei heftigen Protesten in Venezuela

Zusammenstöße zwischen Regierungsgegnern und Polizei / 51 Festnahmen / Ämterverbot für Oppositionsführer Capriles verhängt

  • Lesedauer: 3 Min.

Caracas. Die politische Krise in Venezuela ist durch das Ämterverbot für den konservativen Oppositionsführer Henrique Capriles weiter angeheizt worden. Eine Demonstration gegen den sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro in Caracas schlug am Samstag erneut in Gewalt um, es gab Dutzende Festnahmen. An der Protestkundgebung, der vierten innerhalb einer Woche, nahmen etwa 4000 Menschen teil. Zuvor war Capriles für 15 Jahre die Ausübung politischer Ämter untersagt worden.

Der Protest richtete sich gegen eine behördliche Anordnung, Capriles die Ausübung politischer Ämter für 15 Jahre zu verbieten. Der Demonstrationszug begann im Osten der venezolanischen Hauptstadt, schwenkte dann aber auf Capriles' Anordnung hin im letzten Augenblick in Richtung des Regierungsviertels im Zentrum um.

Dort fand in einer Hochburg der Maduro-Anhänger nach deren Angaben eine »große Kultur-, Sport- und Freizeitveranstaltung« statt. Um die Maduro-Gegner zurückzudrängen, setzten Polizisten und Nationalgardisten Tränengas, Wasserwerfer und Gummigeschosse gegen sie ein.

Vermummte Demonstranten warfen Steine und Molotowcocktails auf die Einsatzkräfte, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Mindestens zwei Polizisten wurden von Brandflaschen getroffen. Der Bürgermeister des Stadtteils Chacao, wo der Marsch begonnen hatte, sprach in einer ersten Bilanz von 17 Verletzten.

In Chacao warfen dutzende Regierungsgegner Steine, Brandbomben und andere Wurfgeschosse auf ein Verwaltungsgebäude des Obersten Gerichtshofs. Die gewalttätigen Zusammenstöße dauerten etwa drei Stunden.

Laut der Nichtregierungsorganisation Criminal Justice Forum wurden 51 Verdächtige festgenommen, von denen 17 wenig später wieder freikamen. Der Geheimdienstchef Gustavo González gab die Festnahme von Führungsmitgliedern einer »faschistisch-terroristischen Zelle« bekannt. Diese habe die Gewalt vom Samstag organisiert.

Am Sonntag suchten Polizisten die Büros von Capriles auf. Sie gaben an, wegen eines Feuers ermitteln zu wollen. Der Oppositionspolitiker hatte zuvor angegeben, Regierungsanhänger hätten Bomben auf das Bürogebäude geworfen. Abgeordnete von Capriles' rechts von der Mitte angesiedelten Partei Primero Justicia (PJ, Gerechtigkeit zuerst) verweigerten den Polizisten den Zutritt.

Capriles ist einer der prominentesten Vertreter des oppositionellen Mitte-rechts-Bündnis MUD (Mesa de Unidad Democrática, Tisch der demokratischen Einheit), das sich für eine Absetzung Maduros einsetzt. Das am Freitag verhängte Ämterverbot der Behörden würde Capriles auch daran hindern, für die Präsidentschaftswahl 2018 zu kandidieren. 2013 hatte Capriles die Präsidentschaftswahl knapp gegen Maduro verloren, nachdem dessen Mentor, der langjährige sozialistische Präsident Hugo Chávez, gestorben war.

Capriles schrieb am Freitag im Kurzbotschaftendienst Twitter, das gegen ihn ausgesprochene Verbot sei »Teil des internen Staatsstreichs«. Die für Beamtenkontrolle zuständige Behörde hatte das Verbot mit »verwaltungstechnischen Unregelmäßigkeiten« im Zusammenhang mit Capriles' Amt als Gouverneur des Bundesstaates Miranda begründet. Capriles kündigte an, er werde der Anordnung nicht nachkommen und seinen Posten als Gouverneur behalten. Maduro nannte er einen »Diktator«.

Venezuela steckt seit Monaten in einer tiefen politischen Krise. Diese verschärfte sich zuletzt durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, welcher dem Parlament die Kompetenzen entzog und sie auf sich selbst übertrug. Nach heftiger Kritik aus dem In- und Ausland nahm das Gericht seine Entscheidung zurück. Das Parlament wird von der Mitte-rechts-Opposition beherrscht.

Die Regierungsgegner machen Maduro für die schwere Wirtschaftskrise verantwortlich . Sie kämpfen für eine Volksabstimmung zu seiner Amtsenthebung. Für kommende Woche rief die Opposition zu weiteren Demonstrationen auf.

Am Donnerstag war bei Zusammenstößen zwischen oppositionellen Demonstranten und Sicherheitskräften in einem Vorort von Caracas ein 19-Jähriger getötet worden. AFP/nd

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