Zeit der Geschenke
Förderbescheide, Spatenstiche und Einweihungen - Schleswig-Holsteins Regierung reist durchs Land
Momentan vergeht beinahe kaum ein Tag, an dem nicht ein Kabinettsmitglied der schleswig-holsteinischen Landesregierung - bestehend aus SPD, Grünen und SSW -, oder gar der Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) höchstpersönlich im Land unterwegs ist, um öffentlichkeitswirksam einen Förderbescheid zu überreichen. Diese Häufigkeit ist mehr als auffällig und sorgt direkt vor der Landtagswahl natürlich für besonderen Gesprächsstoff.
Nach Auskunft der Kieler Staatskanzlei werden seit dem 1. März und noch bis zum Wahltermin am 7. Mai insgesamt 45 Zuwendungsbescheide überreicht, also quasi einer pro Werktag. Dazu wird nicht versäumt, Medienvertreter einzuladen. Geht es um vergleichsweise kleinere Summen, setzt sich meist ein Staatssekretär in Bewegung, sind die Beträge entsprechend höher, zieht es einen Minister oder den Regierungschef selbst ins inszenierte Rampenlicht.
Die Bescheide aus EU-, Bundes- oder Landesmitteln sind alle formal nicht angreifbar, werfen politisch aber dennoch ein besonderes Licht auf den jeweiligen Überbringer des Förderschecks, und der kommt nun mal aus der amtierenden Regierung. So verwundert es Beobachter nicht, dass eine der aussagekräftigsten Botschaften der jüngsten Wahlumfrage von Infratest dimap ist, dass in der Wählerschaft keine Wechselstimmung im Land herrscht. Politologen sprechen in Wahlkampfzeiten auch gerne von einem Amtsbonus für das Regierungslager gegenüber Opposition und anderen Parteien.
Gibt es nun Steuergelder für Forschungseinrichtungen, Schwimmbäder oder für Krankenhauserweiterungen, für die energetische Sanierung von Schulen oder für den Ausbau von Hafenanlagen, stets hinterlässt die Regierung eine »Duftmarke« in der Kommune. Die CDU schäumt vor Wut und Neid. Sie ärgert sich über die gehäuften Scheckübergaben kurz vor dem Wahltermin. Und als würde all das nicht an Regierungs-PR in eigener Sache schon reichen, kommen noch »erste Spatenstiche« des Ministerpräsidenten hinzu genauso wie eingeweihte Teilabschnitte von Autobahnausbaumaßnahmen. Letztere sind für Albig & Co eine besondere Genugtuung, musste sich die Landesregierung seitens der Opposition doch dauerhaft anhören, in der nun ablaufenden Legislaturperiode in puncto infrastrukturelle Leistungsbilanz nicht viel auf der Habenseite vorweisen zu können.
Uli Schippels, LINKE-Spitzenkandidat für die anstehende Wahl, empfindet die Förderbescheidsorgie als Wahlkampfvereinnahmungsstrategie seitens der Regierung und als »schlichtweg frech und ziemlich distanzlos«.
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